Rezensionen der Ausgabe 4/2017
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NORDAMERIKA
| THE NITTY GRITTY DIRT BAND And Friends Circlin’ Back – Celebrating 50 Years nittygritty.com (NDGB Records 557477-2/Warner) 18 Tracks, 77:18 , plus DVD
Fünfzig Jahre im Musikbusiness zu existieren, ist heutzutage eine Besonderheit, auch in der Countrymusik. Im Fall der Nitty Gritty Dirt Band liegt es vielleicht auch daran, dass sie immer wieder neue Ideen ausprobierten und ein offenes Publikum suchten. Die Band begann mit Jugband Music, spielte sich später in die Herzen von Countryrockfans genauso wie in die von Pophörern. Vor allem aber war es dieser Band zu verdanken, dass in den Siebzigern Rockmusikhörer ein Ohr für traditionelle Country- und Folkmusik riskierten. Ihr legendäres Album Will The Circle Be Unbroken vereinte 1972 langhaarige Hippies und Bluegrasspioniere wie Earl Scruggs oder Folkikone Doc Watson. Mit dem Erfolg des Albums war ein Bann gebrochen und die Türen geöffnet für das, was heute weitreichend als Americana bezeichnet wird. Zwei weitere Alben dieser Art sollten folgen. Nun setzt die Dirt Band ein viertes oben drauf. Circlin’ Back – Celebrating 50 Years ist eben kein Best-of-Album, sondern ein Mitschnitt ihres Jubiläumskonzerts im Ryman Auditorium in Nashville im Stil der Will-The-Circle-Alben, bei dem ihre Einflüsse, insbesondere in den frühen Jahren, und auch uralte Jugband-Songs ihrer frühen Laufbahn gewürdigt werden. Es ist also ein vorwiegend akustisches Album mit einer optimalen Auswahl an Gästen wie Superstar Alison Krauss, Vince Gill, John Prine, Rodney Crowell, dem Westernbarden Jerry Jeff Walker sowie ehemaligen Mitgliedern der Band wie Jackson Browne und Jimmy Ibbotson. Als erweiterte Begleitung bei allen Stücken spielen Dobrovirtuose Jerry Douglas, Mandolinenstar Sam Bush und Byron House (Bassist bei Robert Plant), für diese Musik ein Dream-Team. Von der Songauswahl her überrascht, dass die großen Hits der Band wie „Fishin’ In The Dark“ gerade mal ein Drittel ausmachen, dagegen typische Doc-Watson-Klassiker etwa genauso viel. Auch die vielen Instrumentalsoli imponieren. Der Filmmitschnitt dieses Americana-Highlights ist der bisher beste der Band, aber nur über die USA zu beziehen. Hans-Jürgen Lenhart
| NORDAMERIKA
| MALCOLM HOLCOMBE Pretty Little Troubles malcolmholcombe.com (Gypsy Eyes Music) 12 Tracks, 47:20
Malcolm Holcombe hat regelmäßig in Deutschland getourt, vornehmlich in kleinen Clubs oder sollte man vielleicht besser Kaschemmen sagen? Dies auch nur, weil er in den Niederlanden bekannt und dort häufiger auf Tour ist, da liegen kurze Abstecher zum Nachbarn nahe. Nichtsdestotrotz ist Holcombe einer der „großen unbekannten“ Songschreiber. Sein Publikum ist klein, obgleich populäre Musiker ihn häufig als Einfluss erwähnen. Holcombe bekam die Liebe zur Musik von seiner Mutter praktisch in die Wiege gelegt. Als junger Mann versuchte er sich als Songwriter in Nashville, doch war ihm dort wenig Glück beschieden. Mit dreißig veröffentlichte er sein Debüt auf einem Minilabel. Zwar konnte er in den Folgejahren auch einen Vertrag mit einer großen Firma unterzeichnen, doch erreichten seine Alben kein größeres Publikum. Das liegt sicher auch an seiner Musik, die rau und kraftvoll, aber wenig eingängig klingt und irgendwo zwischen dem frühen Bob Dylan und Tom Waits einzuordnen wäre. Mittlerweile ist Holcombe über sechzig und schreibt die Geschichte der Folkmusik nicht neu, fügt ihr aber einen Sound hinzu, der seinesgleichen sucht. Auf Pretty Little Troubles erklingt schon einmal Keltisches im Arrangement, oder es ist ein Streichquartett zu hören, doch bei aller „Gewolltheit“ solcher musikalischer Artistik übertreibt Holcombe es nicht und lässt sich nicht von seinem eigentlichen Sein abbringen. Er hat seinen unbezwingbaren Blick auf die Welt, und die düsteren Geschichten seiner Songs erzählen genau davon. Gewidmet ist das Album „den Träumen, dem Schweiß und den Tränen aller Geflüchteten und Immigranten“. Aber hallo! Michael Freerix
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