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Ausgabe 5/2016


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 BREABACH: Astar
BREABACH
Astar
breabach.com
(Breabach Records BRE004CD)
12 Tracks, 58:30 , mit engl. Infos


Was macht eine der momentan profiliertesten Folkgruppen Schottlands, wenn sie verstärkt außerhalb des Landes unterwegs ist? Nun, im Falle von Breabach ist die Antwort einfach: Sie halten sorgsam die Ohren auf, hören bei den Folkmusiken diverser Länder ganz genau zu, verarbeiten all das zuhause mit ihrer eigenen Tradition und dokumentieren das Resultat auf ihrer bislang abgeklärtesten CD, Astar. Natürlich sind das zutiefst schottische und gälische Klänge, aber niemand muss ein musikalischer Fährtensucher sein, um die Einflüsse aus Norwegen, Quebec oder Cape Breton herauszuhören, ganz besonders jedoch aus Australien und Neuseeland. Hier macht sich die Kooperation zwischen Breabach und Aborigines- und Maori-Künstlern im Rahmen des „Boomerang-Projects“ akustisch bemerkbar, zumal dortige Musiker auf der CD vertreten sind. Das gleiche gilt für Le Vent Du Nord aus Quebec oder Olav Luksengard Mjelva aus Norwegen. Dazwischen jedoch powern Breabach so herrlich schottisch los, dass es eine Freude ist. Mit Fiddle, Double Bass, Pipes, Flutes, Whistle, Bouzouki oder Gitarre beweist das Quintett instrumentelle Meisterschaft, ohne jedoch die Kraft von fünf Stimmen zu vernachlässigen. Großartig!
Mike Kamp
 FABRIZIO CONSOLI: 10
FABRIZIO CONSOLI
10
fabrizioconsoli.it
(Chaos Records/Edel)
Promo CD, 13 Tracks, 43:16


Einst wagte sich Fabrizio De André mit „Il Testamento di Tito“ an die zehn Gebote. Anders als dieser befasst sich Fabrizio Consoli aus einem laizistischen Blickwinkel mit dem Thema. Den Auftakt macht der Gitarrist und Cantautore, dessen Stimme etwas an Paolo Conte erinnert, mit „Credo“, einem angejazzten, mit opulenten Bläsersätzen angereicherten Ohrwurm. Es ist Consolis Glaubensbekenntnis an die Wunder der Natur und das Schöne in unserem Leben. Die meisten Gebote geben zu nachdenklichen Texten Anlass. „La Fidanzata“ (die Verlobte) ist ein Sinnbild für Italien unter dem Lügengebäude von Berlusconi, der die schöne Schlafende nicht zum Leben erwecken will. Die Begleitung mit Mariachitrompeten passt. Lateinamerikanische Rhythmen sind neben Italianità und Balkan Brass sehr präsent. Zu Ehren des Comandante Che Guevara wartet Consoli in „Revolución“ mit einer glühenden Rumba auf. Für „Maria“ das vernachlässigte Mädchen, dem die Ehre und Liebe gebühren würde, die es den Eltern entgegenbringen muss, wählt er einen Tango. Mit meist langen, aufwändig arrangierten Stücken gelingt Fabrizio Consoli ein Konzeptalbum, das auch ein Publikum begeistert, das kein Wort Italienisch versteht.
Martin Steiner

 DIVERSE: Pandemonium Gitano
DIVERSE
Pandemonium Gitano
rockgitano.com
(Jasha!Records/Broken Silence)
16 Tracks, 52:58 , mit Infos


Wohin reist man, wenn man authentischen Balkansound genießen möchte? Richtig, in die Schweiz. Dort nämlich erlangt DJ Gitano mit seinen World Music Partys Kultstatus. Sein erster partytauglicher Sampler bringt die Gypsyparty nun auch zu uns nach Hause. Natürlich sind die großen Namen wie Gogol Bordello oder Russkaja mit an Bord, aber auch hierzulande Unbekanntes wie die Kumpania Algazarra finden sich. Das Wesentliche bei einem Sampler ist aber nicht das Namedropping. Denn seit durch Spotify und Youtube jeder Bankberater sich als DJ versucht, sind der Spannungsaufbau und der harmonische Ablauf der ausgewählten Tracks entscheidender Unterschied zwischen Kunst und Dorfdisko. Gitano beherrscht sein Handwerk. Ein Nachbessern im Live-Set ist kaum nötig, der Hörer kann sich ganz dem Fahrwasser des Künstlers anvertrauen. So gibt es zu keinem Zeitpunkt einen Impuls, die Tanzfläche zu verlassen, man kann Pandemonium in einem Guss durchtanzen. Gitano beherrscht das Spiel zwischen Neugier und Triebbefriedigung, die den Hörer auf den nächsten Track vorbereiten. Als Appetizer für Gypsy-Neulinge eignet sich diese CD nur bedingt, das Konzept der CD zielt klar auf die Tanzfläche und nicht auf den neugierigen Hörer ab.
Christian Elstrodt
 FRU SKAGERRAK: Fru Skagerrak
FRU SKAGERRAK
Fru Skagerrak
fruskagerrak.com
(GO‘ Danish Folk Music)
12 Tracks 48:47 , mit dän. u. engl. Infos


Das zum Teil crowdfinanzierte Debutalbum ist ein Leckerbissen für die Liebhaber des skandinavischen Fiddlespiels. Die drei jungen Geigerinnen kommen aus drei Ländern, wo sie durch andere Formationen bekannt sind, wie The Duhks, LYY, Maja & David und Gudbrandsdølenes Spelmannslag. Anna Lindblad stammt aus Schweden, Elise Wessel Hildrum aus Norwegen und Maja Kjær Jacobsen aus Dänemark. In den Stücken finden sich daher auch Stil- und Klangelemente ihrer Heimatländer wieder. Auch dieses Projekt zeigt, dass es bei der Produktion von Musik kaum noch zeitlich-geographische Grenzen gibt. Allerdings muss man sich schon mal persönlich treffen, kennenlernen und sich verstehen, so wie die drei beim Tønder Festival 2011. Es sind überwiegend vom Trio neu bearbeitete traditionelle Melodien, aber auch eigene instrumentale Kompositionen von Maja und Anna. Dazu kommen zwei Lieder. Besonders eindrucksvoll ist „Den største sorg“ mit berührender Stimme und Minimalbegleitung in Form gezupfter Geigen. Bei dem norwegischen Set kommt dann auch die Blockflöte von Elise zum Einsatz, zunächst solo bei der „Sælebakkvisa“ und dann unisono mit den Geigen bei „PFD (Post Festival Depression)“. Produziert wurde das Album von Petter Berndalen.
Bernd Künzer

 DUŠAN HOLÝ & MUSICA FOLKLORICA: Nejen zahrádečky
DUŠAN HOLÝ & MUSICA FOLKLORICA
Nejen zahrádečky
musicafolklorica.cz
(Indies Scope Records)
10 Tracks, 43:12 , mit tschechischen Infos und Texten, plus Übersetzungen aus dem Slowakischen


Das tschechische Musikerkollektiv Musica Folklorica wurde 2001 von drei befreundeten Folk-Musikern ins Leben gerufen (Petr Pavlinec an der Zimbel, Martin Slovák am Kontrabass, Miroslav Kolacia an Violine und Prim, einem der Mandoline ähnlichen doppelsaitigen Zupfinstrument). Seitdem ist die Gruppe um weitere drei Musiker ergänzt worden ((Lubomír Graffe, Geige; Jaroslav Panák, Geige; Tomás Janoška, Bratsche) und kann auf eine rege Konzert-Historie und nunmehr zehn CD-Einspielungen zurückblicken. Die neue Veröffentlichung Nejen zahrádečky widmet sich der Volksmusik der tschechisch-slovakischen Grenzregion Horňácko (im südöstlichen Mähren) und seiner reichen Liedtradition im Speziellen. Als Interpret konnte Dušan Holý gewonnen werden, ein Folksänger, Musikethnologie-Professor und Volksliedsammler aus Mähren, der bereits als Kind als Folktänzer, Sänger und Violinist in der Region auftrat. Holýs Stimme führt durch die zehn Lieder, die jeweils in zwei bis fünf Teile gegliedert sind. Mal wird der Gesang von süßlich-schwermütigen Geigenarrangements begleitet, dann wieder wetteifert er mit den typisch verschachtelten, von Taktverschiebungen und alternierenden Tempi gekennzeichneten Tanzrhythmen der Kapelle.
Judith Wiemers
 VARDAN HOVANISSIAN & EMRE GÜLTEKIN: Adana
VARDAN HOVANISSIAN & EMRE GÜLTEKIN
Adana
muziekpbublique.be/news/bands/vardan-hovanissian-emre-gultekin
(muziekpublique, 06/Disvovery Records)
14 Tracks, 59:13 , mit engl., franz. und flämischen Infos


Hier sind zwei wahre Meister am Werk. Für deutsche Ohren bislang fast unbemerkt, haben die armenische Duduk-Koryphäe Vardan Hovanissian und der in Belgien lebende türkischstämmige Saz-Virtuose Emre Gültekin ein Weltklassealbum mit Tiefgang vorgelegt. Anlässlich des hundertjährigen Gedenkens an den Genozid an den Armeniern in der Türkei, geht es den beiden Freunden in ihrem ersten Duoprojekt vor allem um Versöhnung zweier Kulturen mit gemeinsamen Wurzeln. Ihr exzellentes harmonisches Spiel verbindet die melancholischen Klänge des armenischen Nationalinstruments mit der großen Kunst der türkischen Laute. Dabei interpretieren die beiden Musiker traditionelle Folksongs und eigene Kompositionen über das alltägliche Leben, die Liebe, die Hoffnung, Stützen der Gesellschaft wie die Minenarbeiter und auch den ermordeten Journalisten Hrant Dink, der die armenische Tragödie in der Türkei 2007 ins öffentliche Bewusstsein brachte. Im Zentrum des Albums steht jedoch das Titelstück Adana. Es erinnert an die türkische Stadt, in der einst die verschiedenen Kulturen friedlich miteinander lebten und die 1909 das schlimmste Massaker an den Armeniern erlebte.
Erik Prochnow

 LILY KIARA: Fishing In The Field
LILY KIARA
Fishing In The Field
lilykiara.nl
(Zip-Records ZIP 117/Rough Trade)
13 Tracks, 49:31


Zwar begann die Niederländerin Lily Kiara bereits als Teenager, Gitarre zu spielen und Songs zu schreiben, doch dann nahm ihre Karriere als Tänzerin und Choreografin Fahrt auf, und ihr eigenes musikalisches Schaffen geriet erst einmal in den Hintergrund. Nur gelegentlich veröffentlichte sie ihre Songs, trat sie damit auf. Mittlerweile ist sie als Choreografin soweit etabliert, dass sie sich zwischendurch Freiräume schaffen kann, um wieder mehr Musik zu machen und damit auf Tour zu gehen. Fishing In the Field ist ein karges Album, auf dem es ganz allein ihre eigenen Songs zu hören gibt. Stimme und Gitarre sind hier die Regel, gelegentlich gesellt sich ein Bass dazu oder eine Trompete oder sehr zurückhaltende Percussion, sonst nichts. Kiara erzählt Geschichten, oft spielen sie irgendwo in der Welt, was wohl die Folge ihres Vagabundenlebens ist. Die Figuren, über die sie singt, sind häufig Drifter, Heimatlose aus schwierigen Verhältnissen, für die das Leben viele Widrigkeiten hat. Und wichtig, sie erzählt Geschichten aus der Perspektive einer Frau. „There are days that come, there are songs that stay“, singt sie melancholisch und kling dabei ein wenig wie Susanne Vega, „only cheaper“, wie man das humorig sagen könnte.
Michael Freerix
 JERIMIAH MARQUES: Down By The River
JERIMIAH MARQUES
Down By The River
jerimiahmarques.com
(TreeHouse44 TH44CD0401/Proper Music)
17 Tracks, 73:12 , mit ausführlichen engl. Infos


Wieviel Vorsicht bei der Beurteilung eines Buchs nach seinem Einband angebracht ist, daran erinnert Down By The River. Jerimiah Marques’ optische Erscheinung – voller weißer Bart, satte Dreadlocks – macht ihn zu hundert Prozent zum eindeutigen Rasta. Aber der dazugehörige Reggae ist dann doch nur ein relativ kurzer Blick über Marques’ musikalischen Tellerrand – wenn auch ein wirklich meisterhafter. Gefüllt ist der Teller seines Solodebüts vor allem mit Blues – überwiegend Chicago, etwas New Orleans. Gebürtiger Guyaner, fand Marques seine musikalische Prägung im London des britischen Bluesbooms der Sechziger. Und exakt so, eingespielt unter anderem mit den deutschen Könnern Christian Rannenberg und Kai Strauss, klingen auch seine amtlichen Interpretationen der Klassiker – „Vicksburg Blues“ etwa gar nahezu wörtlich wie die Savoy-Brown-Version von '69. Womöglich sogar etwas sehr amtlich, sprich: redundant? Die ketzerische Frage verblasst aber schnell und nachhaltig wieder über die drei, vier Reggae-, Ska- und Chant-Ausflüge gegen Ende des stimmigen Albums, namentlich Burning Spears Titelstück in zwei Versionen. Die gehen nicht seelenvoller, nicht entspannter. Und nicht besser.
Christian Beck

 MP3: Guldvingen
MP3
Guldvingen
mattiasperez.com
(Acoustic World Productions)
12 Tracks, 43:38 , mit schwed. u. engl. Infos


Das erste Album des Mattias Pérez Trios mit traditioneller schwedischer Musik erschien 2007, das zweite, Dansa! Dansa!, 2012. Beide waren ein großer Erfolg bei Zuhörern und Tänzern, wie sich bei ihren Tourneen besonders in Schweden zeigte. Auch Guldvingen ist stilistisch ähnlich. Der homogene Klang des Trios ergibt sich aus dem langjährigen perfekten Zusammenspiel dieser drei Virtuosen. Zwölfsaitige Gitarre, Cittern und Mandoline von Mattias sind, besonders beim Picking, in der Lautstärke den beiden Streichern, Mia Marin (fünfsaitige Violine) und Nina Pérez (Violine, Viola), angepasst, also etwas angehoben. Die Melodiebögen folgen den Geigen, öfter auch unisono. Die Spielweise von Mattias hat sehr zur Etablierung der Gitarre in der traditionellen schwedischen Musik beigetragen. Neben den eigenen Kompositionen gibt es auch drei übernommene: das Set „Evig rus/Imeland“ aus Norwegen, „Lomjansguten“, das ein Immigrant aus Finnland Mitte des 19. Jahrhunderts im Värmland komponierte, und eine Slängpolska. Ein Genuss, dieses reine Instrumentalalbum. Dazu sagt Mia: „Gesang mit Texten ist nicht erforderlich, wenn man seine Musik auch nur mit Instrumenten ausdrücken kann. Er lenkt nur ab.”
Bernd Künzer
 THE NORDIC FIDDLERS BLOC: Deliverance
THE NORDIC FIDDLERS BLOC
Deliverance
thenordicfiddlersbloc.com
(Eigenverlag NFBCD001)
10 Tracks, 43:05 , mit engl. Infos


Wenn es dieses Trio nicht gäbe, müsste man es erfinden. Obwohl, dazu braucht es erst einmal drei absolute Meister auf der Fiddle, und die gibt es auch nicht eben im Übermaß. Hilfreich ist, dass Kevin Henderson (Shetlandinseln), Olav Luksengard Mjelva (Norwegen) und Anders Hall (Schweden) eine gemeinsame musikalische Sprache sprechen und nicht nur die Fiddle spielen, sondern ebenso die Viola sowie die Hardanger- und die Oktavfiddle. Hilfreich ist auch, dass alle drei extrem begehrte und beschäftigte Musiker sind, die daher mit allen Variationswassern gewaschen sind. Und schließlich ist es hilfreich, einen kompositorisch so kreativen Musiker wie Mjelva an Bord zu haben, von dem die Hälfte der Melodien stammt. Aber egal, ob es sich um Reels, Polskas oder einen Walzer handelt, die drei Herren gehen auf ihrer zweiten CD jedes Mal in die Vollen, entweder was die Kraft dreier Bögen („The Hen Hunt“) oder die Tiefe der Emotionen („Deliverance“) angeht. Mögen die zahlreichen tollen Projekte (alleine Kevin Henderson könnte 5x hintereinander in Rudolstadt spielen, ohne sich zu wiederholen!) dem Nordic Fiddlers Bloc trotzdem immer genug Zeit füreinander lassen. Es ist einfach Musik für die Seele.
Mike Kamp

 ANA POPOVIC: Trilogy
ANA POPOVIC
Trilogy
anapopovic.com
(Artist Exclusive Records/in-akustik)
3 CDs, 23 Tracks, 93:46 , mit Texten und Infos


Das Mammutprojekt der vierzigjährigen Komponistin, Gitarristin und Sängerin aus Belgrad besticht nicht nur durch ein ästhetisches Äußeres, sondern auch – und das ist viel wichtiger – durch Qualität. Mit ihrer neuesten Produktion in einem Digipack – Volume 1: Morning, Volume 2: Mid-Day und Volume 3: Midnight – gelingt der Musikerin der Aufstieg in die Oberliga. Die Rezensentin begegnete der jetzt in Memphis im US-Bundesstatt Tennessee lebenden Ana Popovic vor knapp zwanzig Jahren bei einem Konzert in München und war sofort von ihr begeistert. Jetzt legt die Serbin ein Meisterstück vor. Auf ihrem zehnten Album Trilogy beackert sie gleich drei musikalische Felder – den Blues, den Funk und den Jazz. Fast alle Stücke wurden von ihr selbst geschrieben und getextet, einer der Songs trägt den Titel „Johnnie Ray“ und ist eine Hommage an einen Vorläufer des Rock ‘n‘ Roll, der in den 1950er Jahren durch seine emotionalen Bühnenshows Aufsehen erregte. Auch Popovic versteht es, den Zuhörer mit ihrem Gesang zu fesseln. Mit dabei ist eine Armada an Musikerkollegen, unter ihnen Ivan Neville (Keyboard), Joe Bonamassa (Gitarre), Raymond Weber und Peewee Jackson (beide Schlagzeug), Robert Randolph (Gitarre und Lap Steel) sowie Rapper Al Kapone (Gesang). Die CD 1, produziert von Grammy-Gewinner Warren Riker und ihr selbst, präsentiert einen schönen Querschnitt ihres Blueskönnens. Auf CD 2 – produziert von Tom Hambridge, ebenfalls Grammy-Gewinner – entfaltet sie ihr musikalisches Gefühl, die dritte Scheibe schließlich ist dem Thema Jazz gewidmet. Insgesamt eine großartige Trilogie.
Annie Sziegoleit
 THE SAVAGE FIVE: Sleepwalking
THE SAVAGE FIVE
Sleepwalking
thesavagefive.com
(Herbie Martin Music 1456-018/Edel Kultur)
Promo-CD, 11 Tracks, 42:42


The Savage Five setzen sich zusammen aus der nordirischen Sängerin und Liedermacherin Suzanne Savage und vier niederländischen Streichern (Geige, Bratsche, Cello, Kontrabass). Das musikalische Produkt ihres gemeinsamen Bandprojektes sucht seinesgleichen. Der virtuose Jazzgesang, der seine klassische Ausbildung weder verleugnen will noch kann, fügt sich in die satten Streicherklänge ein, die mal in vollmundigen, melodiösen Arrangements daherkommen, mal percussiv agieren. Das Klangspektrum aller vier akustisch aufgenommenen Streichinstrumente (das klassische Streichquartett ist um den Kontrabass ergänzt) erlaubt eine Fülle an Texturen und Klangfarben, die sich mit der eigenwilligen Stimme von Savage reiben oder aber völlig ineinander aufgehen. Die Songs – allesamt Savages – sind spielerisch und leichtfüßig wie auf dem zurückhaltend arrangierten „Oops“ oder aber energiegeladen und dringlich, so etwa der Track „This Is Love“, für den die Streicher in einem verworrenen, flirrenden Klangsturm die Komplexität der Thematik ausdrucksvoll vertonen. An anderer Stelle spiegeln die Streicher lautmalerisch die düstere Atmosphäre irischer Landschaft („Stormy“) oder aber fangen in schönster Streichermanier zu singen an („Violin Song“). Wunderbar!
Judith Wiemers

 PAULINE SCANLON: Gossamer
PAULINE SCANLON
Gossamer
paulinescanlon.net
(Eigenverlag und Vertrieb)
11 Tracks, 47:35 , mit engl. Infos


Pauline Scanlon gilt seit zehn Jahren als eine der führenden Sängerinnen Irlands. Ihre eigenwillige Stimmfärbung, der ein Journalist der Irish Times jüngst Teetassen-Zerbrechlichkeit und stählerne Kraft attestierte, hat sich als prädestiniert erwiesen für die feingliedrigen Melodien des traditionellen irischen Liedguts. In den letzten Jahren konnte sie insbesondere mit ihrem Gesangduo Lumiere (gemeinsam mit Éilís Kennedy) das Wohlwollen von Publikum und Presse gewinnen. Für ihr neues Soloalbum Gossamer arbeitete Scanlon erneut mit ihrem langjährigen Kollegen John Reynolds zusammen, der bereits ihr Debütalbum produzierte. Scanlons Entscheidung, das Album ohne die Bindung an eine Plattenfirma aufzunehmen und somit die volle Kontrolle über die Produktion zu behalten, schlägt sich in einer bunt gemischten Songauswahl nieder, die traditionelle Dauerbrenner (etwa „False False“) ebenso beinhaltet wie Leonard Cohens „Joan of Arc“ und ein grungiges Duett mit Damien Dempsey. Trotz ihrer Experimentierfreude bleibt Scanlon doch dort am stärksten, wo sich die mitunter übermäßig Bass lastigen Arrangements zurücknehmen und ihrer Stimme den Spielraum geben, der sie so attraktiv macht (Empfehlung: „The Old Churchyard“). Scanlons einfühlsame Interpretationen traditioneller Lieder sind einzigartig und bisweilen anrührend. Der zugefügte Bombast – etwa schwere E-Gitarren, Hall-Effekte, dumpfe Bässe und der inflationär eingesetzte Harmoniegesang in Terzen – lässt Scanlons subtile Stimmschönheit verschwimmen. Das hat sie nicht nötig.
Judith Wiemers
 ALLAN TAYLOR & GÖTTINGEN SYMPHONIE ORCHESTER: There Was A Time
ALLAN TAYLOR & GÖTTINGEN SYMPHONIE ORCHESTER
There Was A Time
allantaylor.com
(Stockfisch Records SFR 357.9015.2/in-akustik)
12 Tracks, 57:06 , mit engl. Infos und Texten


Die Geschichte: Allan Taylor spielte 2013 auf Einladung des italienischen Folkest-Festivals einige seiner Stücke live mit einem Sinfonieorchester. Labelchef Pauler hörte den (technisch nicht brauchbaren) Mitschnitt, war begeistert und stieß das aktuelle Projekt an. Taylor und Pauler eint ein bedingungsloses Qualitätsverständnis – der Standard musste vom Feinsten sein. Ein Orchester mit dem leidenschaftlichen Dirigenten Christoph-Mathias Mueller, mit Valter Sivilotti der Mann, der die ursprünglichen, einfühlsamen Arrangements geschrieben hatte, plus ein aufwändiges CD-Hardcover-Buch. Orchester und Gesang wurden separat aufgenommen, in makelloser Stockfisch-Qualität im SACD-Sound. Die ausgesuchten Stücke sind, bis auf Ausnahmen wie „Win Or Loose“ oder „Chimes Of Midnight“, meist weniger bekannt und älteren Datums, denn nicht alle seine Songs eignen sich für Orchesterbegleitung.
Und? Es kann kein abschließendes Urteil geben. Die Songs sind mit Orchester nicht schlechter oder besser, sie sind schlicht ganz andere Songs. Der Sänger seiner Songs zur Gitarre ist nun eingebettet in den weichen und mächtigen Klang von über fünfzig Instrumenten. Das ist von höchster Qualität – und schlicht Geschmackssache.
Mike Kamp

 ROBERTO TOMBESI: In 'sta Via
ROBERTO TOMBESI
In 'sta Via
felmay.it
(Calicanto CAL017/Felmay)
15 Tracks, 67:01 , mit Texten, ital. und engl. Infos


Den Rücken immer dem Betrachter zugewandt, den Blick nach vorn gerichtet, schreitet der Mann mit Hut und dem Organetto auf dem Rücken voran. Der Weg führt von den Dolomiten des Veneto in die Lagunenstadt. Der im liebevoll gestalteten Beiheft Abgelichtete heißt Roberto Tombesi, seines Zeichens Gründungsmitglied der venezianischen Gruppe Calicanto. In 'sta Via (Auf diesem Weg) ist sein erstes Soloalbum und die Frucht von über dreißig Jahren Feldforschung. Das Organetto, das diatonische Akkordeon, steht im Zentrum der CD. Mit ihm spielt Tombesi zum Tanz auf, einmal im Duo mit Claudia Ferronato, der Sängerin von Calicanto, einmal im Septett mit den restlichen Mitgliedern der Gruppe. So beschwingt die Monferrine, Manfrine, Mazzurche, Scotis, Quadriglie und Tarantelle tönen, so ruhig schlägt das Herz der Melodien, denen ein guter Schuss Melancholie innewohnt. In 'sta Via ist wie eine Reise in eine vergangene Zeit. Man spürt den Traditionals die Reifung über Generationen an. Die "Quadriglia di Italo" pfiff einst Roberto Tombesis Vater. Doch der Weg geht weiter. Alessandro Tombesi, Robertos Sohn, spielt auf dem Album Oboe und Tiroler Harfe und saß bei den Aufnahmen am Mischpult.
Martin Steiner
 TUULETAR: Tules Maas Vedes Taivaal/On Fire and Earth, In Water and Sky
TUULETAR
Tules Maas Vedes Taivaal/On Fire and Earth, In Water and Sky
tuuletar.com
(Bafe’s Factory MBAO 13)
8 Tracks, 34:43 , mit engl. Infos


Tuuletar sind vier stimmkräftige Finninnen, die eine unglaubliche Vielfalt von Stilen beherrschen, der Untertitel sagt es ja. Es fängt an wie die eine bekannte Melodie aus „Spiel mir das Lied vom Tod“, dann wird es rhythmisch, danach discomäßig, chansonhaft, gefolgt von einem Lied, das beim alten Grand Prix d’Eurovision de la Chanson Chancen gehabt hätte, worauf sie auf die finnische Tradition überwechseln. Und wenn man bei allem nun doch sehr dezente Instrumentierung im Hintergrund zu hören glaubt, dann macht das kleine Beiheft sehr klar: Jeder Klang auf dieser CD wurde mit der menschlichen Stimme hervorgerufen. Das Booklet verrät sonst leider wenig, es gibt kurze Inhaltsangaben der Texte, die Tuuletaar-Mitglieder sind für viele Arrangements zuständig, manches ist traditionell, und gerade über die traditionellen Lieder wüssten wir doch gerne mehr. Aber jedenfalls ein absoluter Hörgenuss, alles klingt so frisch und ungekünstelt – nicht so konstruiert wie bei vielen reinen Vokalgruppen – und doch durch und durch virtuos.
Gabriele Haefs