Rezensionen der Ausgabe 3/2016
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Cinesounds
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DIVERSE Every Song Has Its End – Sonic Dispatches From Traditional Mali label.glitterhouse.com.net (Glitterbeat 029/Glitterbeats records) Promo-CD, 12 Tracks, 67:05
Wer sich intensiver mit traditioneller Musik Afrikas, speziell Malis, beschäftigen möchte, findet hier einen Einstieg, unter Umständen sogar eine Einstiegsdroge in die bewusstseinserweiternde Wirkung eben dieser Musik. Produzent Paul Chandler versorgt uns auf seiner Dokumentation nur mit homöopathischen Triggern. So ist das größte Manko des Albums auch gleichzeitig eines seiner Stärken – die Vielfalt der Einblicke, die man erhält, ist enorm. Die ausgewählten Stücke lassen erahnen, welcher Schatz noch in Chandlers Archiv schlummert. Zudem gibt es im Internet zu der gesamten Produktion umfangreiches Filmmaterial (unbedingt anschauen!), mit dem sich noch mehr Hintergründiges erschließen lässt. Wenn weitere Veröffentlichungen folgen, ist dem Werk eine ähnlich aufklärende Wirkung wie Gerhard Kubiks Buch Zum Verstehen afrikanischer Musik oder John Miller Chernoffs Buch Rhythmen der Gemeinschaft sicher. Ein Anfang ist gemacht, diese Musiker und ihre Instrumente durch die Aufnahmen auch kommenden Generationen in Erinnerung zu rufen und ihre Musik eben nicht enden zu lassen. Christoph Schumacher
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KATE CAMPBELL The K.O.A. Tapes (Vol. 1) katecampbell.com (Large River Music LR 5415/Hemifrån) Promo-CD, 20 Tracks, 49:57
Eine Menge Songs, die nicht von ihr stammen, hat Kate Campbell auf diesem Album versammelt, die jedoch Stücke sind, die sie zutiefst faszinieren. Gelernt hat Campbell Musik von ihrer Mutter und Großmutter, die beide sangen und verschiedene Instrumente spielten. Tatsächlich war das Klavier Campbells erstes Instrument, doch unter dem Einfluss Janis Joplins nahm sie schließlich die Gitarre in die Hände und lernte „Me And Bobby McGee“ spielen, um schließlich ihre eigenen Songs zu schreiben. Lange war sie als Livemusikerin unterwegs, bevor 1994 mit Songs From The Levee ihr Debütalbum erschien. The K.O.A.-Tapes ist nun eine Reise zurück zu den Wurzeln, die Campbell inspirierten, selbst Songschreiberin werden zu wollen. Vieles ist ganz allein, mit zwei Mikrofonen und einem I-Phone als Aufnahmegerät in ihrem Wohnzimmer entstanden. Vereinzelt wurden in Studios noch Overdubs dazugelegt, doch der pure, direkte Charakter der Aufnahmen wurde nicht verändert. Intim und beschaulich klingt dieses Album, voller Balladen, wie ein Abend am Lagerfeuer. Michael Freerix
| GRAHAM NASH This Path Tonight grahamnash.com (Blue Castle Records BCR 1516-8) 10 Tracks, 42:03 , mit engl. Texten
Im Februar wurde Graham Nash vierundsiebzig. Das Älterwerden und die damit verbundenen Lebensentscheidungen und Rückblicke sind Thema des Titelsongs. Die Inspiration dafür bekam Nash im kalifornischen Napa Valley bei einer Ausstellung seiner Fotos. Nach achtunddreißig Jahren Ehe lässt er sich scheiden. Er hat eine andere Frau kennengelernt und musste an sie denken, als er in dem Weingut spazieren ging. „Es ist eine interessante Reise, die ich jetzt in diesem Stadium meines Leben unternehme“, sagt er. „Ich verändere mein Leben komplett. Aber ich weiß, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.“ Doch gleich im zweiten Titel „Myself At Last“ fragt Nash: „Ist meine Zukunft nichts mehr als meine Vergangenheit?“ Solche zum Teil quälenden Gedanken ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Titel des Albums. In „Target“ meint man Erinnerungen an seine Exfreundin Joni Mitchell zu hören. „Back Home“ ist eine Hommage für einen Gleichgesinnten, für Levon Helm. „Ich war einst in einer Band, die aus Freunden bestand“, heißt es in „Golden Days“. Gemeint sind die gemeinsamen Tage mit Crosby, Stills und Young. Thematisch und musikalisch ein ausgesprochen melancholisches Werk, das Graham Nash unter anderem mit Shane Fontayne eingespielt hat. Michael Kleff
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RADICAL FACE The Family Tree: The Leaves radicalface.com (Netzwerk Productions) Promo-CD, 10 Tracks, 50:52
Dies ist der Abschluss der vor acht Jahren begonnenen Trilogie über eine fiktive Familie aus dem 19. Jahrhundert mit übersinnlichen Fähigkeiten. Zarter, verspielter Südstaaten-Gothic von dem in Jacksonville geborenen Mann. Vom minimalistisch produzierten ersten Teil öffnet sich hier der Vorhang zum Vielschichtigen, Opulenten, Cineastischen. Das Album klingt warm, analog, und mit Ausnahme der synkopierten Beats gibt es wenig Referenzen ans Moderne. Es liegt damit aber genau im Trend, und der weiche, oft mehrstimmige Gesang passt ebenfalls in die Zeit. Alle Instrumente bis auf die Streicher, die sein Lebensgefährte Josh Lee einspielte, hat Ben Cooper, so sein bürgerlicher Name, im Alleingang aufgenommen. Dies ist nur eine konsequente Fortsetzung seiner Anfänge mit einem Vierspurrecorder im Schuppen seiner Eltern. Aufgewachsen in prekären Familienverhältnissen, suchte Cooper früh sein Heil in der Musik. Viele seiner Bekannten hätten zur Musik gefunden, weil sie Ausgestoßene waren in einer kleinen Stadt im Süden der USA. Ein Umstand, der auch dazu geführt hätte, immer das Instrument zu erlernen, welches gerade gebraucht wurde. Mit Musik könne man etwas Hässliches und Hartes in etwas Hübsches verwandeln, sagt Cooper. Recht hat er. Dirk Trageser
| JASON ROSENBLATT Wiseman’s Rag jasonrosenblatt.com (Eigenverlag/Hemifrån JR001) 13 Tracks, 52:54
Der Mundharmonikaspieler, Komponist, Produzent, Pianist und Sänger Jason Rosenblatt gehört zu den innovativen Spielern auf der diatonischen Harmonika. Kein Wunder, denn er lernte die Handhabung dieses Instrumentes von keinem Geringeren als dem fantastischen Howard Levy. Beim TFF in Rudolstadt traf ich Levy vor etwa fünfzehn Jahren; er sprach über die neue Generation von Spielern, auf die er große Stücke hält. Einer davon ist Jason Rosenblatt. Bei dessen neuem Album swingen Blues, Bluegrass, Klezmer und Jazz wie bei Levy selbst. Der Musiker tourt seit vielen Jahren mit seiner Band Shtreiml durch die Welt und konnte sich durch Konzerte, Festivalleitungen und Workshops einen guten Namen erarbeiten. Jetzt hat er sich mit Joe Grass (Gitarre), Joel Kerr (Bass) und Evan Tighe (Schlagzeug) zu einem wunderbaren Quartett zusammengefunden und spielt sich in die Herzen der Fans. Ob bei Instrumentalstücken wie „Whazza!“ oder „Wiseman’s Rag“ oder als Sänger auf „Modern Live Blues“, wo er mit seiner fast femininen Stimme Akzente setzt, Rosenblatt vermittelt das besondere Gefühl von Sehnsucht und Aufregung, das den Zuhörer fasziniert. Im schönen Digipak präsentiert Wiseman’s Rag ein gelungenes Konzept. Annie Sziegoleit
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FRANK SOLIVAN Family, Friends & Heroes dirtykitchenband.com (Compass Records 7 4664 2) 14 Tracks, 61:38 , mit engl. Infos
Das kennen viele: Pläne im Kopf haben, und dann ist es zu spät, sie umzusetzen. So ging es dem US-amerikanischen Mandolinenvirtuosen Frank Solivan. Er wollte ein Album gemeinsam mit seiner Mutter, einer überzeugenden Sängerin, aufnehmen. Doch 2014 starb Lorene Solivan. Aber weil Sohn Frank aus einer musikalischen Großfamilie stammt und es einer seiner weiteren Pläne war, mit dem Clan ein Album zu realisieren, ging er Family, Friends & Heroes an. Was seine Ma hätte singen sollen, übernimmt nun Solivans Cousine, die Songschreiberin Megan McCormick. Außer weiteren Cousinen und Cousins ist auch Vater Solivan mit von der Partie. Das weitere Line-up durchziehen große Namen der US-Bluegrassszene wie Jerry Douglas, Del McCoury und Rob Ickes. Außerdem kommt es zum Gipfeltreffen der Mandocracks mit Sam Bush und Ronnie McCoury, und John Cowan singt John Denvers „Leaving On A Jet Plane“. Wieder steht Frank Solivan für musikalische Vielfalt, bewegt sich zwischen Pop, Jazz und Bluegrass und liefert mit seinem exzellenten Personal erstklassige akustische Musik, wenn auch weniger ambitioniert als auf dem Vorgängeralbum Cold Spell. Trotzdem gewinnt auch das Familienalbum viele Pluspunkte. Volker Dick
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