Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Aktuelle   Ältere   Gesamtverzeichnis   Bemusterung
 
Rezensionen der
Ausgabe 3/2015


Auswahl nach Heft-Nr:  
 


Tonträger


Besondere

Deutschland

Europa

Welt

Kurzrezensionen

Weitere Rezensionen

Online-Rezensionen

Gelistet


Plattenprojekt


Plattenprojekt


Bücher / DVDs / Filme


Bücher

DVDs

Cinesounds

Afrika
 ANOUAR BRAHEM: Souvenance
ANOUAR BRAHEM
Souvenance
www.anouarbrahem.com
(ECM 2423/24)
Doppel-CD, 11 Titel, 89:03


Hypnotisch. Dieses Wort trifft die Musik des tunesischen Udspielers am Besten. Zunächst hört man nur einzelne, lange Töne des Klaviers. Leise, beinahe unhörbar zart, erklingen Violinen. Was zunächst als Klangfläche anmutet, entwickelt sich zu vielschichtigen Ebenen, aus denen akzentuierte Lautenschläge erwachsen. Immer tiefer tauchen sie den Hörer in eine behagliche Parallelwelt, in der Zeit und Raum schon bald vergessen sind. Plötzlich dringt ein düsterer Bass aus der Tiefe hervor, der einen aus der behaglichen Trance reißt. Die Noten des Klaviers wirken nun wie Steine, die in einen ruhenden See geworfen werden; der Bass schlägt die Wellen. Allmählich glätten sich die Wogen, doch in der Musik schwingt nun auch etwas Bedrohliches, dass die Spannung bis zuletzt aufrechterhält. Ähnlich wie der Opener „Improbable Day“ bauen sich auch die übrigen Songs langsam auf. Durch variierende Instrumentierung erschafft Anouar Brahem jedesm Mal einzigartige Welten, in denen man sich verlieren möchte. Die Musik ist jedoch keine leichte Kost, sondern erfordert vollste Aufmerksamkeit. Wer sich darauf einlässt, den wird die Magie von Souvenance in seinen Bann ziehen und nicht mehr loslassen.
René Gröger



Nordamerika
 BLIND WILLIES: Every Day Is Judgement Day
BLIND WILLIES
Every Day Is Judgement Day
www.blindwillies.net
(Eigenverlag)
15 Tracks, 57:27 , mit engl. Texten u. Infos


Die Band um Frontmann und Sänger/Songwriter Alexei Wajchman, beheimatet in San Francisco, hat nichts mit Flowerpower am Hut. Roh, berauschend, wütend, bisweilen zärtlich und versöhnlich präsentiert sich die Mischung aus Rock, Jazz, Americana, osteuropäischer Gypsymusik und Klezmereinsprengseln. Cello, Trompete und Flöte stehen gleichberechtigt neben krachenden E- Gitarren und ergeben eine hochdynamische Mischung. Oft düster, kämpferisch und politisch kreisen die Texte um den Begriff Freiheit und dessen Vereinnahmung, Missbrauch und Pervertierung. So ist das erste Stück mit dem Titel „Cremo Tango“, inspiriert von Tadeusz Borowskis autobiografischer Kurzgeschichtensammlung This Way for the Gas, Ladies and Gentlemen, welche seine Erlebnisse als Häftling im KZ Auschwitz zum Inhalt haben und an dessen Eingangstor „Arbeit macht frei“ stand. „Big City“ bezieht im Gegensatz hierzu seine Inspiration aus Freude am Singen mit Kindern. Die Blind Willies geben dem Schrecken, der Hoffnung, dem Aufgeben, Überleben, Lieben und Hassen eine Plattform, denn all das macht uns zu Menschen. Was zählt, ist die Freude am Leben selbst, und dieses Album macht es vor.
Dirk Trageser
 THE CHUCK WAGON GANG: Complete Recordings 1936-1955
THE CHUCK WAGON GANG
Complete Recordings 1936-1955
(Bear Family BCD 17348 EK)
5 CDs, 152 Tracks, ca. 410:00 , mit engl. Texten u. Infos


„Gott sprach, und aus der staubigen Erde von Texas erschallte ein Klang …, und dieser wird uns für immer als der Gesang der Chuck Wagon Gang in Erinnerung bleiben.“ So heißt es im Vorwort von Mary Stuart. Und in der Tat, engelsgleich klingt der Gesang der 1936 gegründeten Gruppe, gegenwärtig geleitet von Shaye Smith, der Enkelin der Original-Altstimme Anna Carter Gordon Davis. Bis zum heutigen Tag führt die Chuck Wagon Gang die traditionellen Gospelsongs im Bluegrassgewand auf, so wie sie „Dad“ Carter seinen Kindern beigebracht hat. Die vorliegende Box im LP-Format enthält auf fünf CDs die kompletten Aufnahmen mit Gründer „Dad“ Carter von 1936 bis 1955 inklusive unveröffentlichter Aufnahmen und Raritäten. In Zahlen sind das 152 Einzeltitel mit einer Gesamtspieldauer von ca. 410 Minuten. Zudem beinhaltet die Box noch einen 148 Seiten starken, farbigen Hardcover-Bildband mit Abhandlungen von Bill C. Malone, Eddie Stubbs, Harold Timmons und Gruppenmitglied Shaye Smith, plus seltene Fotos und Illustrationen aus dem Privatarchiv der Gruppe. Wie immer hat Bear Family hier mit viel Liebe und Respekt vor der Arbeit der Künstler eine Werkschau herausgebracht, die in musikalischer und ästhetischer Hinsicht einzigartig sein dürfte. Wenn heute noch jemand das Wagnis eingeht in eine solche Vorleistung zu gehen, zumal die Käuferschicht für diese Form von Musik überschaubar sein dürfte, ist das mehr als bemerkenswert.
Dirk Trageser

 HAT CHECK GIRL: At 2 In The Morning
HAT CHECK GIRL
At 2 In The Morning
www.hatcheckgirl.net
(Gallway Bay Music GBM 107)
11 Tracks, 41:47 , mit engl. Texten


Peter Gallway ist ein Veteran der Greenwich-Village-Szene der Sechzigerjahre, stand jedoch immer im Schatten anderer Songschreiber, obwohl er in den frühen Siebzigern einige Alben auf Majorlabels veröffentlichte. Doch scheint es für ihn nie so recht geklappt zu haben, was um so überraschender ist, hat er doch mit Laura Nyro, Jane Sibbery, Chrissie Hynde, Suzanne Vega, Marshall Crenshaw und Rosanne Cash zusammengearbeitet und sich praktisch nebenbei zum namhaften Produzenten entwickelt, der über fünfzig Alben auf seiner Liste stehen hat. Irgendwo auf diesem Weg durch Studios und Auftrittsorte stieß Gallway vor zwanzig Jahren auf die Songschreiberin und Sängerin Annie Gallup. Musikalisch und stimmlich klappte es zwischen den beiden so gut, das sie seither als Hat Check Girl auftreten und drei Alben veröffentlichten. Nun steht mit At 2 In The Morning ihr viertes Werk im Regal und ist mit seinem absolut reduzierten Klang von zwei akustischen Gitarren und zwei Stimmen ein ungewöhnlich intimes Abenteuer. Die beiden klingen, als würden sie in die Nacht singen, allein für die Leuchtkäfer, die elegant um die Sträucher schwirren.
Michael Freerix
 MARKUS JAMES: Head For The Hills
MARKUS JAMES
Head For The Hills
www.facebook.com/markusjamesmusic
(Firenze Records 014)
16 Tracks, 55:34 , mit engl. Beiheft u. Texten


Hinter der auf den ersten Blick rauen Schale des US-Amerikaners Markus James steckt selbstverständlich doch ein weicher Kern. Mit kratziger Stimme und fetter Slidegitarre baut er Songs, die tief im Mississippidelta verwurzelt sind. Doch gleichzeitig packt James seine akustische Gitarren in den Koffer und reist durch Mali, um dort ansässige Musiker zu treffen und in der Wüste nach den Wurzeln des Blues zu forschen. Regelmäßig tritt er deshalb auch beim Festival au Désert auf. James ist also nicht nur Bluesfan, sondern ein Gläubiger in der „Church of Blues“, der sein Leben komplett diesem Glauben unterworfen hat. Head For The Hills nun pendelt zwischen den Extremen. Einerseits singt James reißerische, vom Schlagzeug angetriebene, schnelle Titel, als hätte er den Höllenhunde in seinem Rücken. Andererseits spielt er auch vollkommen kontemplative, scheinbar zu Naturgeräuschen improvisierte, akustische Titel. Das ist abwechslungsreich und vielschichtig. Von der Grundstimmung her folgt diese Album den bekannten Pfaden – warum auch nicht, verlangt man von einem Ry Cooder ja auch nicht, das er plötzlich wie Jimmy Page klingt. Wobei James seinen komplett eigenen Sound hat, der niemandem nacheifert.
Michael Freerix

 TREVOR LAURENCE & SIMON HUTNER: Harlem Street Singer – The Reverend Gary Davis Story  WOODY MANN: A Tribute To The Reverend  EMPIRE ROOTS BAND: Music From The Film Harlem Street Singers
TREVOR LAURENCE & SIMON HUTNER
Harlem Street Singer – The Reverend Gary Davis Story
www.harlemstreetsinger.com
(Acoustic Traditions Films, AT101, Acoustic Music Records)
DVD, 77:00 , mit engl. Infos


WOODY MANN
A Tribute To The Reverend
www.woodymann.com
(Acoustic Music Records, Rough Trade 319.1530.2)
14 Tracks, 36:43 , mit engl. Infos


EMPIRE ROOTS BAND
Music From The Film Harlem Street Singers
www.woodymann.com
(Acoustic Music Records, Rough Trade 319.1529.2)
11 Tracks, 46:31 , mit engl. Infos im Digipack


Die vielfach ausgezeichnete DVD Harlem Street Singer erzählt die Lebensgeschichte des Reverend Gary Davis (1896-1972), eines der bekanntesten und einflussreichsten Blues-, Gospel- und Ragtimegitarristen unserer Zeit. Der schwarze Musiker, der als Kind erblindete, begann seine Karriere als Straßenmusikant in North Carolina, bevor er in den 1960er-Jahren die New Yorker Folkszene nachhaltig inspirierte. Er war Vorbild für so illustre Künstlerpersönlichkeiten wie David Bromberg, Jerry Garcia, Stefan Grossman, Ry Cooder, Happy Traum und John Cohen. Bob Dylan und Peter, Paul & Mary nahmen Coverversionen seiner Songs auf. Werner Lämmerhirt spielte Davis’ berühmten „Hesitation Blues“ und Hannes Waders „Kokain“ ist die deutsche Version von Davis’ „Cocaine“. Der Film reiht zahlreiche Originalaufnahmen in Bild und Ton aneinander, Weggefährten des Reverend, der auch als überzeugter Baptistenprediger tätig war, berichten über den Bluesmann, und zwischendurch spielt immer wieder die Empire Roots Band mit Dave Keyes (Piano), Woody Mann (Gitarre), Brian Glassman (Kontrabass) und dem Blues- und Gospelsänger Bill Sims Jr. Kompositionen des Meisters. Der Fingerstylegitarrist Woody Mann setzte seinem ehemaligen Gitarrenlehrer Reverend Gary Davis als Produzent und Mitwirkender im Film ein geradezu liebevolles Denkmal. Das umfangreiche Zusatzmaterial zur DVD enthält – neben zahlreichen Statements und Interviews – eine Filmsequenz, in der Mann als junger Gitarrenschüler vom Reverend unterrichtet wird. Manns Album A Tribute To The Reverend ist eine weitere Verbeugung vor einem außergewöhnlichen Blueskünstler, der selbst nie Instrumentalunterricht erhielt und daher einen recht unkonventionellen, dafür aber nicht minder ausdrucksstarken eigenen Stil entwickelte. Woody Mann spielt, begleitet vom Kontrabassisten Brian Glassman, Stücke des Reverend und eigene Kompositionen. Das Album Music From The Film Harlem Street Singer ist der Soundtrack zum Film. Insgesamt ein hochkarätiges Paket, das geeignet ist, den Ausnahmekünstler Reverend Gary Davis intensiv kennenzulernen.
Kai Engelke
 GRETCHEN PETERS: Blackbirds
GRETCHEN PETERS
Blackbirds
www.gretchenpeters.com
(Proper Records PRPCD124/H’Art Music)
Promo-CD, 11 Tracks, 49:31


Das Album heißt nicht umsonst Blackbirds, die vielfach gepriesene Songschreiberin Gretchen Peters spürt das Alter. Als sie mit der Arbeit an den Stücken begann, gab es eine Woche, in der sie zu drei Trauerfeiern und einer Hochzeit eingeladen war – nicht umgekehrt. Allerdings scheint es für Frauen im Musikgeschäft nur mit Mut möglich zu sein, von diesem Prozess in Liedern zu erzählen, zumindest in den USA. Gretchen Peters, Mitglied der renommierten Nashville Songwriters Hall of Fame, hat sich getraut, das Thema Vergänglichkeit anzupacken. „Everything Falls Away“, „Black Ribbons“, „Blackbirds“ lauten einige der Songtitel, die unterstreichen: Hier scheint keine ewige Jugend auf. Dennoch klingt Peters nicht depressiv oder durchgängig düster, sondern vor allem nachdenklich. Ihren Folk- und Countryrock durchzieht eine gedeckte Stimmung, die Lichtblicke nicht ausschließt. Musikalisch taucht gelegentlich eine Nähe zu Joni Mitchell auf, der Folkrock der Siebziger wirkt als Mittel der Wahl. Unterstützt wird die Künstlerin von Musikern wie Jerry Douglas und Jason Isbell, die Band groovt. Nein, Gretchen Peters ist kein Trauerkloß; ein Herbstalbum ist es trotzdem.
Volker Dick

 ANDY DALE PETTY: Frick’s Lament
ANDY DALE PETTY
Frick’s Lament
www.andydalepetty.bandcamp.com
(Voodoo Rhythm Records VRCD84/Cargo)
Promo-CD, 12 Tracks, 29:39


Dieser Petty heißt nicht Tom, er ist gerade mal so um die dreißig, und es setzt sich der Eindruck fest, als sei er zur falschen Zeit jung. Er wäre wahrscheinlich lieber in den Vierziger- oder Fünfzigerjahren auf Güterzüge gesprungen und mit Jack Kerouac oder Woody Guthrie durchs Land gezogen. So aber muss er das Beste machen, was er heute tun kann. Was bedeutet, dass er uns in eine andere Zeit trägt. Er hebt Schätze aus den 1920er-Jahren, beschwört aber genauso den Folkgeist der Sechziger herauf, mit seinem schnellen Fingerpicking oder dem Spiel auf der Slidegitarre. John Fahey und Bert Jansch lassen kurz grüßen. Außerdem zeigt sich Petty als versierter Mann am Banjo, ob es um Picking- oder Clawhammertechnik geht. So führt uns der viel gereiste Musiker aus Huntsville, Alabama, durch einen Kosmos aus Old-Time, Bluegrass, Folk und Countryblues, gelegentlich unterstützt durch Schlagzeug und anderes. Im Wesentlichen bleibt es aber bei der Konstellation „Ein Mann und sein Instrument“, dies eingebettet in eine ebenfalls zeitvergessene Produktion zwischen Hallorgie und Wohnzimmerkonzert. Das klingt nicht wirklich nach Retro, sondern einfach nur eigen. So ist er wohl, dieser Petty.
Volker Dick
 ASTRID YOUNG: One Night At Giant Rock
ASTRID YOUNG
One Night At Giant Rock
www.astridyoung.net
(Eigenverlag)
Promo CD, 11 Tracks, 45:52


Nach mehr als zehnjähriger Pause legt die Halbschwester von Neil Young ein neues Album vor. Eine eigenwillige Mischung aus Folk, Country, Funk, Singer/Songwriter und vielem mehr. Urbane Kiezmusik, die trotz ihrer Zickzackfahrt nicht zerrissen oder beliebig wirkt. Bisweilen sind es nur Kleinigkeiten im Arrangement, Chorgesangslinien oder Gitarreneinsätze, die den Stücken einen extra Dreh verleihen. Begleitet von Victor DeLorenzo, Schlagzeuger der Violent Femmes, Joe Gore und Eric McFadden an der Gitarre plus Ehemann Ray Farrugia, Mitglied von Junkhouse, ebenfalls Schlagzeug, sind zudem einige Protagonisten dabei, die schon lange aus einem traditionellen Background heraus unbeschwert mit Stilen und Versatzstücken experimentieren. Die Produktion ist bodenständig und kantig, an den richtigen Stellen aber auch samtweich geschliffen. Schade nur, dass dem Album am Ende etwas die Luft ausgeht.
Dirk Trageser

Lateinamerika
 AXEL KRYGIER: Hombre De Piedra
AXEL KRYGIER
Hombre De Piedra
www.axelk.com
(Crammed Disc Cram 255)
Promo-CD, 11 Tracks, 40:00


Kann ein Danceflooralbum gleichzeitig eine authentische Folk-CD sein? Dem Argentinier Alex Krygier gelingt das Experiment. Hier findet die Symbiose der beiden eigentlich unvereinbaren Musikstile geschickt und homogen statt. Authentisch bedeutet eben nicht, ein paar Folkmelodien über einen Discobeat zu legen, sondern die eigentliche Essenz der Musik zu erkennen und wie ein Teppichweber zu verknüpfen, sodass ein eigenes Muster entsteht. Das Ergebnis ist schlichtweg genial und bis dahin ungehört. Welch wirrer Geist lässt sich auf einem Dancealbum von einem französischen Dokumentarfilm über Höhlenmalerei inspirieren? Krygier nimmt die Anleihe als Parabel und jagt den unerschrockenen Hörer durch seine Vision einer abgedrehten Zivilisation, ein Höllentrip zwischen Tango und Baguette, zwischen Ennio Morricone und Balkanbeat. Hombre De Piedra ist Punk und Underground im besten Sinne, Musik eines Außenseiters für Außenseiter und dabei trotz aller Fremdartigkeit gut hörbar und auch für Gelegenheitshörer leicht zu erschließen. Wenn Krygier Filme drehen würde, stünde er irgendwo zwischen den Coen-Brüdern und Kaurismäki. Musikalisch entzieht er sich jedoch jedem Vergleich. Diese Entdeckungsreise sei jedem offenen Ohr dringend empfohlen.
Christian Elstrodt
 TIGANÁ SANTANA: Tempo & Magma
TIGANÁ SANTANA
Tempo & Magma
www.tiganasantana.com
(Ajabu! AJABUCD022/Broken Silence)
14 Tracks, 69:34


Tiganá Santana lernte man vor einiger Zeit als den neuen sanften Barden Brasiliens kennen. Nun legt er ein ambitioniertes Doppelalbum vor, das er im senegalesischen Dakar mit westafrikanischen Musikern aufnahm. Santana schlägt mit diesen Aufnahmen eine Brücke zu den afrikanischen Wurzeln seiner Musik, insbesondere zum Wüstenblues eines Ali Farka Touré. Seine an sich sehr reduzierte Musik, die meist mit Gesang, Gitarre und etwas Percussion auskommt, wird hier mit Instrumenten wie der Spießlaute Ngoni und anderen Instrumenten, die nach einsaitiger Geige, Balafon, Kora und Holzflöte klingen, „afrikanisiert“. Das klingt oft beschwörend, als würde man alte rituelle Musik vor sich hin summen, wobei Santanas Stimme der von Milton Nascimento am nächsten kommt. Zwischen entspanntem musikalischem Fluss und federnden Rhythmen bewegt sich diese Musik. Als Gastsänger sind die brasilianische Sängerin Céu und die Candomblé-Hohepriesterin Mae Stella de Oxossi zu hören. Mit Santana kehrt ein kontemplatives Element in die brasilianische Musik zurück.
Hans-Jürgen Lenhart