Rezensionen der Ausgabe 4/2014
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ULLI BÖGERSHAUSEN Spring Summer And Fall – Tunes From A Lifetime www.boegershausen.de (Laika-Records 3510308.2/Rough Trade) 15 Tracks, 55:49
Ulli Bögershausen, den Akustikgitarristen von der Mosel, kann man getrost eine Institution nennen. Seit Jahrzehnten pflegt er mit großer Hingabe einen ganz besonderen Instinkt für die Umsetzung populärer Melodien auf dem Stahl-Sechssaiter. Auf seinem sechzehnten Album finden sich Songs von Bob Dylan, Seal, Bon Jovi, Norah Jones, Tanita Tikaram und Ryuichi Sakamoto. Ulli Bögershausen blendet nicht durch Virtuosität – er überzeugt mit beinahe schnörkelloser, klarer Musikalität. Zu seinem sechzigsten Geburtstag (siehe auch Meldung in der Rubrik „Szene“ dieser Ausgabe) hält er rück- und einwärts gewandte Werkschau und hat auch ältere Eigenkompositionen, die ihm besonders am Herzen lagen, noch einmal neu aufgenommen. Das Wesen der sehr unterschiedlichen Songs ist sensibel herausgearbeitet und immer getragen von gesanglicher Wärme. Dem Laika Label, das er 1989 gegründet und das somit auch ein Jubiläum zu feiern hat (das 25.), ist er bis heute treu geblieben. Rund 50 Jahre Gitarre, ein reiches Musikerleben. Ulli Bögershausen ist, sagen wir's ruhig, ein feinsinniger, echter Romantiker, der uns gerne weiter in wunderbarer Regelmäßigkeit an die Schönheit des puren Vergnügens an akustischer Gitarrenmusik erinnern darf. Glückwunsch! Rolf Beydemüller
| COSÁN New Roads www.cosanmusic.de (Liekedeler Musikproduktion LIECD13031) 12 Tracks, 51:30 , mit zweisprachigen Infos
Nur wenige deutsche Musiker schaffen wie Cosán mit New Roads in der irischen Musik den Sprung ins Profilager. Irish Trad im besten Sinne, mit Anleihen am Folkerbe Nordamerikas, dargeboten von Ausnahmeflötist Steffen Gabriel, Barbara Hintermeier, einer der herausragenden Vertreterinnen der irischen Fiddle in unserer Republik, Multiinstrumentalist Brian Haitz sowie Michaela Grüß, Bhodrán, die wie schon bei Nua virtuose Percussion beträgt und singt. Zu hören sind vielseitige Arrangements traditioneller und neuer Tunes des irischen Genres sowie zusätzlich Adaptionen von Songs unterschiedlicher anderer Herkunft. New Roads beginnt verhalten, kommt aber im Verlauf massiv in Fahrt und bewegt sich die gesamte zweite Hälfte dann in sicherem, emotional dichtem Gewässer. Flute und Fiddle tragen souverän; druckvoll sowie gleichzeitig verspielt und experimentierfreudig die Melodien; dazu kommt ein Piano zum Einsatz. Favorit des Rezensenten: „Street Of Forbes“ in einem mitreißenden Arrangement. Anspieltipps bei den Tunes: „Smiler“ und „Road To Cashel“. Das Klangbild ist sehr flötendominiert, speziell die Gitarre hat etwas wenig Entfaltungsraum. Aber insgesamt eine tolle Produktion einer jungen Band mit Zukunft! Johannes Schiefner
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HERRN STUMPFES ZIEH & ZUPF KAPELLE Ogottogott www.stumpfes.de (Spion Music SMCD 00012) 12 Tracks, 41:02 , mit dt. Infos u. schwäb. Texten
Man schlägt die Hände überm Kopf zusammen und ruft es aus: „Ogottogott!“ beim Gewahrwerden dessen, was man alles tun soll, wenn es nach den anderen ginge. Glücklicherweise stoßen uns Herr Stumpfe und seine Kapelle im Eröffnungsstück ihres zehnten Albums drauf und mahnen sogleich in einem weiteren Song: „Mensch leb doch mal, ’s isch schbäder als du denksch“. Dabei handelt es sich um die Adaption eines Klassikers der Specials namens „Enjoy Yourself“, selbstredend mit schwäbischem Text. Denn das Quartett kommt aus Aalen und zeigt, was popmusikalisch auch im Ländle alles geht. Das Instrumentarium zeigt sich robust, besteht aus Geräten wie Akkordeon, Tuba, Banjo und Slidegitarre. Es verbinden sich also Blasmusik und Country. Aber auch in anderen Stilen ist die Kapelle zu Hause und präsentiert authentisch Hits aus Rock und Pop auf ihre Art. Da wird aus Carl Douglas' „Kung Fu Fighting“ der „Kung-Fu-Feigling“, John Sebastians „Daydream“ heißt jetzt „Dagdiab“ und verherrlicht das Leben eines Kriminellen, und Sadés „Smooth Operator“ bekommt den Titel „Cooler Trompeter“. Ein ziemlicher Spaß das, in den sich kurze melancholische Momente mischen. Insgesamt aber muss der Frohsinn siegen. Volker Dick
| IRXN Saltatio Ignis www.irxn.net (Mundart/Focus 307.0092.2/BSC Music/Rough Trade) 15 Tracks, 58:28
Was wohl Wallenstein zu dieser Musik seiner Pappenheimer sagen würde? Man könnte meinen, diese fünf Musici aus der so idyllisch gelegenen Stadt im fränkischen Altmühltal hätten nicht weniger Kriegserfahrung als der kaiserliche General, der laut Friedrich Schiller im Dreißigjährigen Krieg dort weilte. Die Mittelalter/Celtic/Mundart/Folk/Rock-Band Irxn bietet mit Liedern aus neun Jahrhunderten – 12 bereits veröffentlicht, drei neu – einen Blick auf die Geschichte, die alles andere als idyllisch oder romantisch anmutet. Da wird gekämpft, verflucht, gelitten und nach Freiheit gerufen. Durch die moderne Darbietung kommt zugleich der Eindruck auf, dass man es nicht nur mit einer Aufarbeitung lang vergangener Geschichte zu tun hat, sondern dass es immer so weiter geht. Zum Beispiel lässt das 900 Jahre alte „Palästina“-Lied an die heutige Situation in diesem so unfriedlichen Land denken, und der gesungene Wunsch, in Freiheit durch Jerusalem gehen zu können, bezieht sich ganz sicher nicht nur auf die Zeit der Kreuzzüge. Trotz all dieser Ernsthaftigkeit taugt die Musik aber auch zum deftigen Abfeiern. Fans von Adaro, Haindling, Garmarna und Irish Stew mögen hier gleichermaßen das Ihre finden. Michael A. Schmiedel
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ANDRÉ KRIKULA TRIO Supernova www.andrekrikula.de (DMG 54.218144.2/Broken Silence) 11 Tracks, 35:27
Beim Namen André Krikula Trio vermutet man nicht gleich Bossa Nova, doch dieser deutsche Akustikgitarrist und Sänger bewegt sich auf Supernova zwischen zwei entsprechenden Genres, brasilianisch gefärbter akustischer Gitarrenmusik und der brasilianischen Nationalpopmusik MPB mit Kompositionen von Edu Lobo oder Dorival Caymmi. Da stimmen die federnden Rhythmen und die starke Melodik, der Satzgesang und die textlosen Vokalimprovisationen. Damit ist André Krikula nicht nur für die relativ geschlossene Szene akustischer Gitarristen, sondern auch für die Bossa-Lounge-Szene interessant. Man merkt, Krikula kennt die brasilianischen spieltechnischen Vorbilder nur zu gut – die Spielweisen João Boscos oder Baden Powells hört man immer mal heraus. Dazu bekommt Krikula sogar richtige Ohrwürmer wie sein „Papagaio“ hin. Und dann gibt es sogar noch einen Samba mit deutschem Text, „Chateau“. Alle Achtung – und warum nicht? Mit seiner Virtuosität und Vielfalt dürfte André Krikula bei brasilianischen Zuhörern viel Respekt ernten. Neben Peter Fessler zeigt die deutsche Szene mit Krikula, dass hierzulande bezüglich brasilianischer Gitarrenmusik wirklich internationales Niveau zu finden ist. Hans-Jürgen Lenhart
| RÜDIGER OPPERMANN The Brendan Voyage – Reise in die Anderswelt www.klangwelten.de (Klangwelten Records/Worms Verlag) Do-CD, 31 Tracks, 118:25 , mit dt. Texten u. Infos
Es war schon ein riesiges Projekt, welches Ende Mai 2013 zu den Tagen Alter Musik und Literatur in Worms uraufgeführt wurde und jetzt als Mitschnitt vorliegt. 25 Musiker aus verschiedenen Stilrichtungen gestalteten die Navigatio Sancti Brendani Abbatis, die Reise des Abtes Brendan von Irland auf mythische Inseln im Westen. Wer könnte besser geeignet sein, diesen Stoff zu vertonen, als der Weltmusikreisende und Harfenspezialist Rüdiger Oppermann? Poetisch übersetzt aus dem Mittellateinischen, wird die epische Erzählung von unterschiedlichster Musik umrahmt. Der gälische Sänger Peadar Ó Ceannabháin ist zu hören und die Irish-Fiddlerin Franziska Urton. Der Mongole Nasaa Nasanjargal, mit einer Gesangsstimme von fünf Oktaven Umfang begnadet, ist mit Pferdegeige, Schamanen- und Obertongesang dabei. Ebenso wie Rolf Wagels von Cara an der Bodhrán und Gitarrist Jørgen Lang sowie der Archäologe und Deutschlands bester Kenner prähistorischer Bronzehörner Joachim Schween und der Wormser Posaunenchor unter Leitung von Thomas Busch. Zusammengehalten wird das Ganze von den Kompositionen und Arrangements Rüdiger Oppermanns. Eine bunte Mischung von Klängen aus der Keltenzeit, Irish Folk, Minimal Music, Jazz und Bigbandsounds, gespielt auf keltischer Harfe, Flöten, Luren, Trommeln, Gläsern und Bläsern, Bombarde und anderem. Die musikalische Zeitspanne von prähistorisch bis zeitgenössisch wird in diesem Spektakel voll ausgelotet – ungewöhnlich, aber ausgesprochen hörenswert. Piet Pollack
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KAI STRAUSS Electric Blues www.electricbluesallstars.com (Continental Record Services CRS CECD 49/In-akustik) 14 Tracks, 56:34
Der fantastische deutsche Bluesgitarrist Kai Strauss, der lange mit Memo Gonzalez & The Bluescasters spielte und mit der Kai Strauss Band für feinsten Soul und Rhythm and Blues steht, erfüllt sich mit diesem Soloalbum einen langgehegten Traum. Über die letzten zehn Jahre sammelte er Beispiele der Musik, die er so liebt, und nahm sie mit einer Vielzahl musikalischer Wegbegleiter auf – unverfälschten, zeitlosen, elektrischen Blues. So steht es zumindest in den Linernotes, und die Umsetzung seines Vorhabens ist ihm sehr, sehr gut gelungen! Mit den ersten Takten eines jeden Stückes sagt es im Inneren des Hörers „Ja, das ist es – so muss es klingen!“ Nämlich genau so, wie es vor fünfzig Jahren in Chicago klang, heute noch gespielt wird und auch in weiteren fünfzig Jahren mit Sicherheit immer noch begeistern wird. Zeitlos, authentisch – und abwechslungsreich wie Electric Blues. Neben Erkan Özdemir am Bass und Klaus Schnirring und Henk Punter am Schlagzeug geben fünf unterschiedliche Sänger, Harpspieler oder Pianisten immer neue Klangfarben hinzu. Und mit dem Schlussstück If I Ever Get Lucky ist Kai Strauss dann endgültig bei sich und der Essenz dieser wunderbaren Musik angekommen. Achim Hennes
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