Rezensionen der Ausgabe 4/2014
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NORDFRIESLAND
| KALÜÜN Spöören www.kaluun.de (Eigenverlag) 11 Tracks, 37:19 , mit nordfries. Texten u. Infos
Der Bandname Kalüün, ein Begriff aus der nordfriesischen Sprache – nicht zu verwechseln mit dem Plattdeutschen – bedeutet so viel wie Kraft oder auch Energie, und kraftvoll und energiegeladen klingt die junge Gruppe von der Insel Föhr allemal. Aber das ist nicht ihre einzige Qualität. Keike Faltings (Gesang, Violine), ihr Bruder Jan Faltings (Mandoline, Bouzouki, Cello, Gesang) und Dennis Werner (Gitarren, Gesang) suchen nach musikalischen Spuren (Spöören) längst vergangener Zeiten – alten, fast vergessenen Liedern, Tanzstücken und Balladen, die Aufschluss über das Denken, Handeln und Fühlen früherer Generationen auf der Insel Föhr und dem nordfriesischen Festland geben können. Bei seiner Suche nach den eigenen Wurzeln wurde das Trio ganz wesentlich von Keikes und Jans Vater Folkert F. Faltings unterstützt, der die meisten Texte beisteuerte und einige traditionelle Lieder und Tänze der Insel Föhr, an die er sich erinnerte, an seine Kinder weitergab. So entstand eine behutsam und sensibel zusammengestellte Mischung aus überlieferten und neuen Stücken, die zusammen ein stimmiges Ganzes ergeben. Die Lieder erzählen vom fröhlichen Treiben auf dem Heuboden unterm Reetdach (Leenje Wöögen Ooken), einer leidenschaftlichen Zufallsbekanntschaft (Man Tufaalsflenerk), dem Schicksal eines alten Föhrer Hauses (Fering Hüs), geselligem Trinken und Genießen (Daaling, Maat, do drank ik een) oder der Sehnsucht der Föhr-Amerikaner nach ihrer alten Heimat (Lingen). Die Geschichten können anhand der deutschen Übersetzungen der Texte im Beiheft problemlos nachvollzogen werden; ergänzt werden die Lieder durch die selten zu hörenden Tänze der schleswigschen und jütischen Spillemandsmusik. Zum frischen, unverbrauchten Gesamtklang des Trios tragen als Gastmusiker bei: Ole Carstensen (Knopfakkordeon, Violine, Low Whistle, Gesang), Dirk Werner (Cajón, Bodhrán, Djembé, Percussion) und der Liederjan Michael Lempelius (Bouzouki, Low Whistle). Spöören mag man gerne immer wieder hören. Kai Engelke
| ITALIEN
| VALERIA CIMÒ Terramadonna www.myspace.com/valeriacim (Eigenverlag) Do-CD, 14 Tracks, 51:31 , mit siz./ital. Texten u. Buch als PDF; 8 Gedichte u. Erzählungen, 20:21
Eines muss man vorausschicken: Das Werk Terramadonna sprengt jegliche Grenzen. Die stilistische Bandbreite reicht vom einfachen Schlaflied „Ninna Nanna“ über neobarocke Fragmente bis zu experimenteller Musik. Die Palermerin Valeria Cimò spielt Klavier, Glockenspiel, Didgeridoo, Maultrommel, Udu, Cajón, Tamburello, Tammurra und unzählige andere Percussioninstrumente, dazu summt, surrt, schreit und singt sie in schönstem Belcanto. Ihre Stimme rhythmisiert, rezitiert und vermittelt Emotionen. Begleitet wird sie vom Cellisten Francesco Biscari und Gianluca Dessi an Gitarre, Mandola und Harfe. Terramadonna ist ein Konzeptalbum. Die Sizilianerin vergleicht die Geringschätzung von „Mutter Erde“ und die Gewaltanwendung an ihr mit denjenigen gegenüber dem Körper der Frau. Das 55-seitige, auf der CD als PDF enthaltene Booklet liefert vertiefte Informationen über die Entstehung der Lieder mit einer englischen Kurzbeschreibung, die sizilianischen Texte mit italienischen Übersetzungen und hervorragende Fotos mit der erdverschmierten Künstlerin. Wer mehr über den historischen Kontext der Dualität von Mutter Erde und dem Körper der Frau und die Grundlagenforschung von Valeria Cimò zu diesem Thema erfahren möchte, dem sei das ebenfalls als PDF beigefügte 85-seitige zweisprachige Buch (Italienisch/Englisch) empfohlen. Die zweite CD enthält acht Gedichte und Erzählungen der Künstlerin, alle von verschiedenen Sprecherinnen und Sprechern rezitiert. Doch keine Angst: So kopflastig diese Auflistung von Valeria Cimòs Schaffen in Bezug auf das vorliegende Album tönen mag, Terramadonna ist ein musikalisch spannendes, sinnliches und körperliches Werk – schließlich ist es dem Körper der Frau und der Mutter Erde gewidmet. Und wem es die unvergleichliche Stimme der Sizilianerin angetan hat, dem sei noch einmal Sugnari des Frauentrios Ma’aría mit Sängerin Valeria Cimò empfohlen (siehe Folker 1/2008), die dafür ebenfalls fast alle Lieder und Texte geschrieben hat. Martin Steiner
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