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Ausgabe 3/2014


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 FEE BADENIUS: Feelosophie
FEE BADENIUS
Feelosophie
www.feebadenius.de
(Reimkultur Musikverlag RKMV 523121)
14 Tracks, 55:32 , mit dt. Texten u. Infos


Es gibt Liedermacher, die schreiben tolle, einfallsreiche Melodien und – als sei ihr Pulver damit verschossen – für die Texte reicht’s dann nicht mehr, die kommen dann eher flach und banal daher. Andere Songschreiber sind wahre Poeten, die ihre wirklich bedenkenswerten Texte anschließend in dürftige Melodien kleiden. Bei Fee Badenius, und das ist selten, klappt beides: Ihr fallen originelle, durchaus außergewöhnliche Texte ein, die sie mit Tonfolgen versieht, deren Abfolge man nicht schon ahnt, bevor sie tatsächlich erklingen. Sie singt mit zarter, unaufdringlicher Mädchenstimme von peinlichen Situationen („Worte dafür“), setzt ihrer Heimatstadt „Witten“ ein musikalisches Denkmal, beklagt ihre vermeintlichen Bildungsdefizite („Halbwissen“) und formuliert ein Liebeslied, das wie ein Festmahl konzipiert ist („Du schmeckst mir“). Wunderschön und durchaus nicht alltäglich auch ein weiteres Liebeslied mit dem Titel „Vorsicht – zerbrechlich“. Ihren Texten hat sie die entsprechenden Gitarrenharmonien beigefügt, sodass, wer mag, mitsingen und mitmusizieren kann. Ein in vielerlei Beziehung sehr sensibles, nahezu zartes Album.
Kai Engelke
 BLOCO EXPLOSAO PLUS FRIENDS AND BAND: Bloco Explosao Plus Friends And Band
BLOCO EXPLOSAO PLUS FRIENDS AND BAND
Bloco Explosao Plus Friends And Band
www.blocoexplosao.de
(Twonineteen Records)
Promo-CD, 13 Tracks, 39:43


Es gibt tatsächlich noch mal etwas Neues aus der Sambaregga-Szene. Nachdem man sich in den Neunzigern an Gruppen wie Olodum mehr als satt hören konnte, hatte man den Eindruck, dass danach neue Impulse fehlten. Neue Wellen wie Elektrobossa verdrängten die Musik aus Bahia im Aufmerksamkeitsspektrum. Dass sich im Sambareggae inzwischen viele andere stilistische Einflüsse geltend machen, zeigt der Berliner Afro-Samba-Bloco Explosao. Die Formation mischt bekannte Klassiker wie Miriam Makebas „Pata Pata“ oder Gilberto Gils „Toda Meninha Baiana“ auf, trimmt manche Titel mit entsprechender Verstärkung von Bläsern und Gitarristen auf James-Brown-Funk, Jazz oder Rock, und verwendet sogar einmal einen deutschen Text. Imponierend ist dabei, dass insbesondere bei den Klassikern nicht einfach nachgespielt, sondern sehr stark ein eigenes Arrangement gesucht wurde. Schließlich steigern die äußerst agilen Sänger die Dynamik noch um ein Vielfaches. Verstärkt wird der Bloco Explosao noch durch einige Gastmusiker von Olodum und Ilê Aiyê – vor allem merkt man aber: Hier hat sich die Sambareggae-Musik weiterentwickelt und garantiert mehr Abwechslungsreichtum als man vermuten würde!
Hans-Jürgen Lenhart

 RAFAEL CORTÉS: Cagiñí
RAFAEL CORTÉS
Cagiñí
www.rafaelcortes.com
(Herzog Records 901040 HER/Edel/Finetunes)
10 Tracks, 42:29 , mit span. Infos


Rose. Schönste Blume. Cagiñí. So der Titel des neuen Albums des Essener Flamencogitarristen Rafael Cortés. „Wenn sie sich am Morgen öffnet, ist sie rot wie Blut ...“ – mit einem Gedicht aus dem Theaterstück Die Sprache der Blumen von Federico Garcia Lorca schlägt Cortés ein neues Kapitel seiner persönlichen Musikgeschichte auf. Kraftvoll, tänzerisch und gleichzeitig elegant und hochpoetisch. Dem traditionellen Flamenco eng verbunden und mit beiden Beinen in einer musikalischen Welt, die sich längst in alle Richtungen geweitet hat. Enorme Virtuosität ganz im Dienste des musikalischen Duktus. Cortés ist einer der ganz Großen, die in den Zeiten nach dem Tod von Flamencolegende Paco de Lucía dort weitermachen können, wo de Lucía sie alle hingeführt hat. Eine erlesene Sängerrunde findet sich auf Cagiñí vereint, Bruder Fali an der zweiten Gitarre, an Bass, Percussion und Saxofon. Gegen Ende des Albums mit „La Tarara“ noch einmal Garcia Lorca, die charismatische Stimme von Miriam Suarez und ein enorm bluesig aufspielender Cortés im Rumbagewand. Die sechste Einspielung des Ruhrpott-Gitanos ist ein hochemotionales Statement, das alles zu bieten hat, was gute Musik ausmacht und nicht nur Flamencofreunde interessieren dürfte.
Rolf Beydemüller
 KANNEMANN & MIKO: Nordfolk
KANNEMANN & MIKO
Nordfolk
www.kannemann-musik.de
(Rainsong Records RSO 102013)
10 Tracks, 51:38


Nordfolk ist die zweite Veröffentlichung, die der kantige Folkbarde Kannemannn aus Hamburg gemeinsam mit dem Geigenvirtuosen Miko Mikulicz eingespielt hat, seine fünfte insgesamt. Er singt vom Verlorensein auf dem weiten Meer („Neptuns Rache“), beklagt sich über Leute, die „immer nur Comedy wollen, nie Poesie“ („Muss ich wieder witzig sein“), macht sich lustig über den geschwätzigen Mitteilungsdrang von Promis wie Boris Becker, Thilo Sarrazin, Dieter Bohlen oder Karl-Theodor von und zu Guttenberg („Schreib ein Buch“) und wundert sich über die seltsamen Blüten, die eine politisch korrekte Erziehung zuweilen hervorbringt („Bilinguale Kita“). So richtig bei sich ist Kannemann besonders, wenn es um Möwen, Muscheln und Matrosen, Dünen und Deiche, wenn es um das Meer geht. Keiner seiner Songs ist unter vier Minuten lang – genug Zeit, um sich auf seine stimmungsvollen Klang- und Wortgemälde einzulassen. Geiger Miko, der mit seinem Instrument die unterschiedlichsten melodischen und rhythmischen Akzente setzt, trägt zum positiven Gesamtbild wesentlich bei. Quasi als Zugabe erklingt zum Schluss der City-Klassiker „Am Fenster“, den Kannemann & Miko live aufgenommen haben. Eine runde Sache!
Kai Engelke

 DESIREE KLAEUKENS: Wenn die Nacht den Tag verdeckt
DESIREE KLAEUKENS
Wenn die Nacht den Tag verdeckt
www.klaeukens.de
(Tapete Records TR277/Indigo)
Promo-CD, 11 Tracks, 40:45


Ist unspektakulär das neue spektakulär? Reicht es, wenn Lieder eigentlich eher Gedichte zu Musikbegleitung sind? Nach einer Ausbildung als Kfz-Mechanikerin scheint sich Desiree Klaeukens für einen Versuch als Liedermacherin plus Brotjobs wie Postzustellerin entschieden zu haben. Nils Frevert, Ex-Nationalgalerie, nahm sich der Wahlberlinerin aus Duisburg an, sie spielte Vorprogramme für ihn und Kollegen wie Gisbert zu Knyphausen oder Tom Liwa und begann, eine Stimme und einen eigenen Ton zu entwickeln. Schließlich nahm Wenn die Nacht den Tag verdeckt Gestalt an: elf mit ihrem ständigen musikalischen Weggefährten Florian Glässing geschriebene Meditationen über den Alltag einer Mittzwanzigerin hier und heute. Vordergründig die Liebe, darunter zumindest die Behauptung einer Haltung: Geduld – dargeboten mit einiger Seelenruhe und Lakonie, umso mehr da die Texte eher gesprochen werden als gesungen. Dazu legt eine kleine Band einen ruhigen und stetigen Fluss sanfter, melancholischer Melodien, der sich kaum einmal aufkräuselt, aber auch niemals versiegt. Ein stimmiges Album einer Frau mit ausgeprägtem Sinn für das Normale im Leben – und zunächst schon einmal Kraft genug, es auszuhalten.
Christian Beck
 THE MELODIC: Effra Parade
THE MELODIC
Effra Parade
www.themelodic.com
(Epitahp/Anti- Records 7250-2/Indigo)
15 Tracks, 47:25 , mit engl. Texten


Das erste komplette Album der jungen Band aus Brixton, London. Obwohl selbst veritable Multiinstrumentalisten, haben über die Jahre mehr als ein Dutzend Gäste an Cello, Oboe, Trompete, Klarinette und vielem mehr ihren Beitrag geleistet. Die stilistische Bandbreite ist enorm. Perlende Afropopgitarren, Dub, Reggae, britischer Folk, jazzige Pianophrasen und Elemente aus Südamerika und Asien geben sich ein munteres Stelldichein. Munter, leicht und quicklebendig ist auch die Produktion. Glasklar, sehr transparent und dennoch warm und organisch klingend, lässt sie die hauptsächlich akustischen Instrumente wunderbar strahlen. Die Arrangements sind geschickt verschachtelt, aber nie überladen und die Mixtur der verschiedenen Einflüsse harmoniert bestens. Gesungen wird von Huw Williams und Anna Schmidt meist zweistimmig. Der Gesang wirkt allerdings merkwürdig distanziert und hat eher die Funktion eines weiteren Instruments. Dies ist auch das Manko des Albums, bei aller musikalischen Klasse bleiben die mitreißenden Songmomente rar. Irgendwo scheint auf dem Weg zum fertigen Album die Seele abhanden gekommen zu sein. In diesem Fall, wo all das Spiel so überzeugen kann, wirklich schade.
Dirk Trageser

 MISS PLATNUM: Glück und Benzin
MISS PLATNUM
Glück und Benzin
www.glückundbezin.com
(Four Music FOR 88691926632/Sony)
Promo-CD, 11 Tracks (fertiges Album: 12), 47:31


Die Balkanbeats von Chefa und The Sweetest Hangover hat Ruth Renner bereits seit Lila Wolken hinter sich gelassen; das Feuer, der Spielwitz, der Reiz, mit denen die geborene Rumänin aus Berlin zur Party einpeitschte – perdu. Nun geht es ernster zu – herkömmlicher, gewöhnlicher. Wo modern deutsch deklamiert wird, wird zur besseren Massenverträglichkeit ja gern ödes Pathos ausgewalzt, das ist im Elektropop offenbar nicht groß anders als im teutonischen „Soul“ solcher Vögel wie Xavier Naidoo. Bloß kein Witz und keine Leichtigkeit! So auch hier: „Wir sind irgendwo zwischen Erde und Raumschiff / Irgendwo zwischen weit weg und hier / Und wir fahren, fahren, fahren wie auf Schienen durch die Nacht, yeah / Die Luft schmeckt nach Glück und Benzin …“, heißt es im Titelstück – aber es klingt, als sei das kein Vergnügen. „Mein Kleid“, in dem Miss Platnum angeblich aufreißen geht – dito. „Nur die Liebe“ – dito. Und so weiter – kleine Ausnahme vielleicht das Softsoul-Gesäusel von „1000 Jahre Telefonieren“. Das klingt zwar auch eher nach Pflicht als nach Kür, aber wenigstens geschmeidig. Und das teils katastrophale Klangbild ist nach Amazon-Check offenbar auch kein Problem der Promo-CD.
Christian Beck
 RAINER VON VIELEN: Erden
RAINER VON VIELEN
Erden
www.rainervonvielen.de
(Motor Music RVV007P/Motor Entertainment/Edel)
Promo-CD, 14 Tracks, 51:32


Nein, sie haben beim Albumtitel nicht das „Bau, Steine …“ davor vergessen und sind auch keine Gewerkschaftsband, obwohl: Sie würden jedem DGB-Fest zur Ehre gereichen. Aber das wäre wohl zu einengend und zu speziell für die Band aus dem Allgäu. Sie spielen für alle und glauben, dass jeder an den Missständen der Welt etwas ändern kann, wenn er nur das Maul aufmacht. „Und mein Ärger ist nichts wert / Wenn von ihm keiner erfährt“, heißt es programmatisch in einer Textzeile der Singleauskopplung „Empört euch!“ Also Protestlieder? Ja, irgendwie schon. Aber mit viel Humor angelegt und ohne Verbissenheit gestaltet, auch musikalisch. Bei Rainer von Vielen wird das Aufbegehren tanzbar, als Ska, Reggae, Wüstenfunk. Die Band beherrscht einen beträchtlichen Stilmix, kombiniert alles organisch und liefert jede Menge Melodien und Ideen. Da klingt eine Variation über „Die Gedanken sind frei“ auch mal nach Deltablues, und bei „Du bist nicht allein“ stellen die Bayern die richtigen Fragen und jodeln dazu. Das Album ist ein Aufruf, sich zu erden und das Wesentliche zu erkennen. Dazu gehört auch die Liebe, die Rainer von Vielen unkitischig besingen in so ganz anderen Liebesliedern. Geerdet eben!
Volker Dick