Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Aktuelle   Ältere   Gesamtverzeichnis   Bemusterung
 
Rezensionen der
Ausgabe 2/2014


Auswahl nach Heft-Nr:  
 


Tonträger


Besondere

Deutschland

Europa

Welt

Kurzrezensionen

Weitere Rezensionen

Online-Rezensionen




Plattenprojekt


Plattenprojekt


Bücher / DVDs / Filme


Bücher

DVDs

Cinesounds

Europa
 BEOGA: Live At 10
BEOGA
Live At 10
www.beogamusic.com
(Compass Records 7 4621 2/Membran)
20 Tracks, 79:26 , plus DVD inkl. Ausschnitte des Debütkonzerts 2002, mit Kommentaren


Zum Zehnjährigen beweisen Beoga erneut, dass sie weit über die Grenzen der Irish Music hinausgehen und wie spielfreudig, ja, partyfreudig sie an ihr Publikum herantreten. Abermals kann sich der Hörer überzeugen, wie unglaublich virtuos Instrumente heutzutage in der irischen Musik gespielt werden, hier namentlich zwei Akkordeons und ein gut eingepasstes Piano, unglaublich fantasievoll und mit Groove gepielt. Dazu eine charmante Fiddle und ein fetziges Bodhrán plus illustre Gäste. Das Programm enthält viele Eigenkompositionen, in denen es nur so kracht vor Dynamik und Rhythmuswechseln. Die große stilistische Breite umfasst Einflüsse aus Swing, Jazz, Country und Popmusik – letztere vor allem in den meist von Niamh Dunne vorgetragenen Songs. Das Publikum freut sich hörbar über dieses abwechslungsreiche Feuerwerk. Im Livezusammenhang dominieren die wilden und schnellen Stücke, dafür sind alle etwas langsamer gehaltenen besonders ansprechend arrangiert. Beoga opfern das Feine, das der irischen Musik in ihrer Tradition eigen ist, gerne mal einem eher kommerziell anmutenden Powerklang – aber sei’s drum: Sie spielen meisterlich und sind in ihrer speziellen Art einfach gut!
Johannes Schiefner
 ULRIKA BODÉN BAND: Kärlekssånger – Folk Love Songs
ULRIKA BODÉN BAND
Kärlekssånger – Folk Love Songs
www.ulrikaboden.se
(Westpark Music 87253)
12 Tracks, 42:34 , mit schwed. Texten u. schwed./engl. Infos


Bei der Auswahl ihres Materials hat die Schwedin Ulrika Bodén, Gesang, Flöte und Autoharp, ein besonders glückliches Händchen. Ihr viertes Soloalbum – neben den Veröffentlichungen mit der Gruppe Ranarim – enthält wieder einige melancholische Liebeslieder. Es bleiben halt viele Lieben unerfüllt, haben ein zu frühes oder gar tödliches Ende aus Eifersucht wie in „Kärleksvisa Från Ed“. Aber auch fröhliche Lieder sind auf Kärlekssånger dabei, wie „Röda Rosor“ und „Himlen Är Full Av Fioler“, oder hoffnungsvolle wie „Tusen Löften“. Viele der Stücke hat Bodén selbst vertont, einige hat sie aus zweien kombiniert. Bei „När Som Gräset Det Vajar“ durfte sie Musik und Text von Lena Willemark übernehmen, andere Texte sind teilweise aus überlieferten Fragmenten zusammengesetzt und zusätzlich ergänzt. Ulrika Bodéns einmalige, berührende Art zu singen wird ergänzt durch etliche Größen der schwedischen Folkszene, die alle auch in anderen Formationen spielen: Mia Marin (Viola), Emma Ahlberg (Geige), Gustav Hylén (Trompete), Mattias Pérez (Gitarre), Daniel Frederiksson (Mandora), Petter Berndalen (Schlagzeug) und Valter Kinbom (Schlagzeug). Sie spielen im Trio bis zum Sextett, und geben damit jedem Stück einen anderen Klang.
Bernd Künzer

 LA CHIVA GANTIVA : Vivo
LA CHIVA GANTIVA
Vivo
www.lachivagantiva.com
(Crammed Discs CRAM232/Indigo)
12 Tracks, 39:11


Die belgische Band La Chiva Gantiva spielte zwar ursprünglich kolumbianische Musik, tendierte dann aber unter Hinzunahme von Bläsern zur Mestizoszene und ließ sich zusätzlich von Afrobeat, Funk und Rock inspirieren. Damit gibt sie den inzwischen schon wieder ziemlich abgenutzten Crossoverklängen der Mestizoszene einige neue Impulse. Die Energie ist ähnlich treibend wie bei den meisten dieser Bands, aber sie setzt pro Stück eher auf einen hypnotischen Basisgroove. Beherrscht wird das Geschehen meist von den beiden Percussionisten, dazu wird gerappt, und im Bläserklang sticht die Klarinette hervor, was dem Ganzen eine zusätzliche Balkanfärbung gibt. Die Truppe schafft es, den einzelnen Genres, in denen sie sich bewegt, jeweils einen besonderen Kick zu geben: Der Afrobeat wirkt eher kubanisch, die Cumbias haben eine Punkattitüde. Insofern gelingt es, innerhalb der üblichen kraftvollen Stimmung der Mestizobands Abwechslungsreichtum zu bewahren. Eine Latingruppe aus Europa, die sich auch in Afrika und sonstwo zu Hause fühlt: Das ist – auch dank ihrer multiethnischen Besetzung – typisch für die neuen Latinbands wie auch La Chiva Gantiva eine ist.
Hans-Jürgen Lenhart
 WIM CLAEYS: De Zwanenzang van Karel Waeri
WIM CLAEYS
De Zwanenzang van Karel Waeri
www.waaim.be
(Wild Boar Music WBM21117)
11 Tracks, 45:43 , mit fläm. Texten


Wim Claeys ist kein Sänger. Er ist Akkordeonist, einer der besten in Europa. Er spielte bei Ambrozijn und Tref. Doch nun gibt er sein Debüt als Vokalist. Das Album ist quasi eine Hommage an den belgischen Volkssänger Karel Waeri aus Gent, wo auch Claeys wohnt. Karel Waeri lebte im 19. Jahrhundert und ist in Gent heute noch berühmt für seine politischen Lieder, in denen er schlechte Arbeitsbedingungen und kirchliche Scheinheiligkeit thematisierte. Auch viele fröhliche und frivole Lieder hat er einst geschrieben. Wim Claeys hat nun elf von ihnen mit neuen Melodien versehen und mit den Multiinstrumentalisten Geert de Waegeneer und Nils de Caster eingespielt. Wer Flämisch versteht, ist da natürlich im Vorteil. Aber auch musikalisch ist De Zwanenzang van Karel Waeri dank origineller Arrangements durchaus reizvoll. Es dominieren zwar die gut gelaunten Stücke, die besseren Melodien fand Claeys aber für die melancholischen Tracks wie „Het Sermoen“ und „Onze Fabrieksmeiskes“. Und wie macht sich Wim Claeys nun als Sänger? Na ja, schon okay, aber er sollte doch besser Akkordeonist bleiben.
Christian Rath

 BARBARA DICKSON: To Each & Everyone – The Songs Of Gerry Rafferty
BARBARA DICKSON
To Each & Everyone – The Songs Of Gerry Rafferty
www.barbaradickson.net
(Greentrax Recordings CDTRAX 378)
13 Tracks, 53:43


Ein Album mit den Songs von Gerry Rafferty kann man durchaus mit „Baker Street“ beginnen. Der Superhit ist schlicht ein Muss, und dann hat man ihn aus den Füßen. Bläst man allerdings das legendäre Saxofonintro mit einer Low Whistle an, dann wird das Resultat entweder genial oder verunglückt ausfallen – und hier gilt leider Letzteres. Damit ist dann aber auch schon der einzige Schwachpunkt der Veröffentlichung abgehakt. Die restlichen Songs werden dem Liederschreiber Rafferty gerecht, zumal Barbara Dickson zu den eher unbekannteren Stücken tendiert. Die interpretiert sie immer sehr treffsicher und Produzent Troy Donockley findet dazu die passende Mischung zwischen Pop, Bombast und Folk – wo seine Uilleann Pipes bestens zur Geltung kommen. Einige der Höhepunkte des Albums sind folglich auch die folkig angehauchten Versionen von „Steamboat Row“ und „The Ark“. Durchgängig spürbar sind die Liebe und der Respekt, die Dickson den einfühlsamen Liedern ihres schottischen Landsmanns entgegenbringt. Vielleicht hätte Produzent Donockley bei „Baker Street“ seine Uilleann Pipes einsetzen sollen. Das hätte dann womöglich doch das Zeug zur genialen Idee gehabt.
Mike Kamp
 JON GOMM: Secrets Nobody Keeps
JON GOMM
Secrets Nobody Keeps
www.jongomm.com
(Performing Chimp Records)
10 Tracks, 57:08 , mit engl. Texten


Dass der Engländer Jon Gomm ein bemerkenswerter Gitarrist ist, durften schon viele erstaunt feststellen – in den sozialen Medien wie auf den Bühnen der Welt. Zu seinen Fans zählen Eric Clapton, David Crosby und Rod Stewart. Die Aufregung hat den Mann überrascht, der seine Lowden nicht nur als Solo- und Begleitinstrument nutzt, sondern ebenso als Cajon zum Umhängen. Rhythmus, klingende Saiten, Gesang: Jon Gomm kann alles gleichzeitig in höchster Qualität, ohne Loops und Overdubs. Bei aller Fingerfertigkeit vermeiden die größtenteils eigenen Songs jede übertriebene Virtuosität oder Ausschläge ins Seichte. Das Album prägt eine oft präsente Schwermut, wohl dem Umstand geschuldet, dass Gomm vor allem auch die Tiefen des Lebens kennengelernt hat. „There’s No Need to Be Afraid“ dient der Selbstberuhigung, und die in „Deep Cut“ mantrahaft wiederholte Botschaft „Let The Rhythm Guide You“ klingt auch therapeutisch. Mühelos versteht Gomm dem eigenen Rat zu folgen, Groove und Atmosphäre sind die Säulen, um die sich seine Musik dreht, dargeboten in einer dicht gewebten Produktion. Und in „Passionflower“ leistet er auch noch Lebenshilfe: „You are what you grow into / You’re not what you were“.
Volker Dick

 MICHEL HAUMONT : Héritage
MICHEL HAUMONT
Héritage
(Acoustic Music Records 319.1511.2/Rough Trade)
12 Tracks, 39:42 , mit frz. u. engl. Infos


Selten hat eine einzelne akustische Gitarre so verführerisch elegant und samtig geklungen wie die des französischen Stahlsaitenkünstlers Michel Haumont. Auf seiner neuesten Veröffentlichung präsentiert er sich als Erzähler raffinierter kleiner instrumentaler Kurzgeschichten, die stilistisch beinahe den gesamten Erdball umfassen. Mühelos wechselt er zwischen südamerikanischen Latingrooves, Louisiana Ragtime und einem Country Waltz. Der Schüler des großen Marcel Dadi verleiht jedem Stück seine eigene Prägung, das heißt einprägsame Melodien und klare, differenzierte Harmonik. Klangtechnisch ist Héritage wie alle Produktionen aus dem Hause Peter Finger ein ästhetischer Hochgenuss. Spieltechnisch ist Haumont Traditionalist. Er versteht sich ausgesprochen als Erbfolger in einer langen Reihe großer Meister der akustischen Gitarrenmusik. Vergeblich sucht man hier nach den Tricks und Kniffen der jungen „Wilden“. Was zählt ist die Komposition und deren sensible Interpretation. Dass die leisen Töne überwiegen, versteht sich fast von selbst. Die sympathischen Linernotes helfen der Fantasie ein wenig auf die Sprünge. Wunderbares Album.
Rolf Beydemüller
 ANNE-MARI KIVIMÄKI: Aikapyörä
ANNE-MARI KIVIMÄKI
Aikapyörä
www.puhti.eu
(Sibelius Akatemia/Kihtinäjärvi Records K3JC003)
13 Tracks, 44:15 , mit Texten und Infos


Ein Neuentdeckung in der Musikkategorie „Verrückte Finnen“ ist Akkordeonspielerin Anne-Mari Kivimäki. Anders als Landsmann Kimmo Pohjonen hält Kivimäki sich aber der Rockmusik und der Klassik fern. Auch mit der traditionellen Folklore, wie sie Maria Kalaniemi interpretiert, kann Kivimäki nicht viel anfangen. Ihr Album Aikapyöra klingt eher wie die musikalische Umsetzung eines expressionistischen Gemäldes. Musik als Kunstform, anstrengend zu hören und fast unmöglich einzugruppieren. Das ist durchaus gewolltes Ziel der Künstlerin. Archaische karelische Technomusik – so könnte ein Versuch aussehen, dieses Album zu beschreiben. Aber er beschreibt eigentlich nur die Hilflosigkeit des Hörers, der Alternativen zum Wort Avantgarde sucht. Aikapyörä ist dabei nur eine Zusammenfassung einer längeren Serie namens Suistamo, die der Künstlerin immerhin als Doktorarbeit an der Sibelius-Akademie in Helsinki dient. Aus dieser finnischen Musikhochschule gehen die allermeisten dieser Skandinavier hervor, die uns immer wieder in Erstaunen versetzen. Letzteres gelingt Anne-Mari Kivimäki allemal. Einmal mehr also nach Finnland der begeisterte Ausruf: „Solche Musik habe ich wirklich noch nie gehört!“
Chris Elstrodt

 SETH LAKEMAN: Word Of Mouth
SETH LAKEMAN
Word Of Mouth
www.sethlakeman.co.uk
(Cooking Vinyl COOKCD535/Indigo)
Promo-CD, 12 Tracks, 47:39


Und schon ist er mit der ersten Singleauskopplung „The Courier“ via Playlist wieder im britischen BBC Radio 2 unterwegs! Dabei sieht Seth Lakeman im Hitradio gar nicht sein natürliches Umfeld. Er ist Folkie! Nur geraten ihm seine Songs meist so eingängig, mitsing- und tanzbar – Merkmale, die dann doch glatt darüber hinwegtäuschen können, dass es ihm nachweislich um Tieferes geht. Da ist zum einen seine Suche nach dem absolut natürlichen Klang, die ihn diesmal zu Aufnahmezwecken in eine Kirche in Cornwall geführt hat. Und da sind zum anderen – und ganz besonders – die Inhalte seiner Lieder. Die Texte zeigen die Bandbreite seiner Themen: Ob es um Werftarbeiter oder Eisenbahner und die spezifischen Dinge geht, die sie betreffen und mit denen sie sich auseinandersetzen müssen, oder um die Kämpfe für die Rechte der Arbeiter im Allgemeinen – Seth Lakeman geht es um die Menschen! Ihr Leben, ihre Freuden und ihre Probleme. Das gerät vor lauter Hüpffaktor und ausgelassenem Spaß an seiner Musik manchmal ein wenig in den Hintergrund. Aber wer sagt denn, dass ernstzunehmende Lieder nur mit erhobenem Zeigefinger und wichtiger Miene vorgetragen werden dürfen?
Mike Kamp
 MY DARLING CLEMENTINE: The Reconciliation?
MY DARLING CLEMENTINE
The Reconciliation?
www.mydarlingclementinemusic.co.uk
(Continental Song City CSCCD 1099/Continental Record Services)
12 Tracks, 50:11 , mit engl. Texten u. Infos


Wie beim Vorgängeralbum How Do You Plead? schlagen Michael Weston King und seine Lebensgefährtin Lou Dalgleish mit ihrem Pärchenprojekt My Darling Clementine nun auch bei dessen Nachfolger wieder vor allem aus den Meinungsverschiedenheiten, Nickligkeiten und Streitereien Funken, in die Liebesbeziehungen schon von jeher überall so gerne münden – nicht nur in der Countrymusik, mit der King, schon von jeher eher Americana-Apologet als Vertreter einer britischeren Variante, seine Vorlieben mit My Darling Clementine auf einen Endpunkt brachte. Dass mit „No Matter What Tammy Said (I Won’t Stand By Him)“ ein direktes Türchen zur legendärsten aller Country-Ehekatastrophen zwischen Tammy Wynette und George Jones geöffnet wird, ist konsequent. Aber keine Angst: Für ein Schauspiel dieser Dimension und Unterhaltungskraft fehlt es My Darling Clementine einstweilen dann doch noch an einigem. Die Songs sind allesamt rund und ausgereift, eingängig und packend, aber am Irrsinn und der Tragik des einstigen Traumpaars des Country scheint es Weston King und Dalgleish doch offensichtlich noch völlig zu mangeln – wie an der Explosion ihrer Beziehung. Möge der Eindruck stimmen.
Christian Beck

 NO BLUES: Kind Of No Blues
NO BLUES
Kind Of No Blues
www.noblues.nl
(Continental Europe CECD48/Continental Record Services/In-akustik)
25 Tracks, 104:04 , mit engl. Infos


Zum Zehnjährigen gönnt sich das Quintett aus dem Umfeld des Productiehuis Oost-Nederland in Deventer ein Doppelalbum inklusive Retrospektive. Das ist einem Ensemble angemessen, dem in seinem ersten Jahrzehnt tatsächlich gelungen ist, was viele gern behaupten: eine eigene Mischung zu kreieren – die Verbindung von Americana und Arabica, von der sogar die einleuchtende Bezeichnung Arabicana hängen blieb, die der Zögling erhielt. Die erste Hälfte von Kind Of No Blues blickt mit aktuellen Liveversionen also noch einmal zurück auf herausragende Stücke um das herausragende „Black Cadillac“; was nicht nur vertretbar ist, sondern zur Aufwertung der zweiten Hälfte gar zu empfehlen – handelt es sich dabei doch ursprünglich um Soundtrackmaterial für einen Film über den Arabischen Frühling, das nur in Momenten wirklich mehr ist als ein angenehmer Klangteppich. So etwa in „Habibi Blues“, wenn die Arabicana ungewöhnlich direkt von der Americana-Ebene, hier dem Blues her aufgezäumt wird. Oder in „Waterpipe“ mit der kernigen Sprechdarbietung des 77-jährigen Rhythm-and-Blues-Rabauken Andre Williams aus den USA. Als Gesamtpaket und zur Würdigung der Band aber erstklassig durch und durch.
Christian Beck
 MARTIN SIMPSON: Vagrant Stanzas
MARTIN SIMPSON
Vagrant Stanzas
www.martinsimpson.com
(Topic Records TSCD589)
14 Tracks, 52:17 , mit engl. Infos


Jetzt macht es der englische Meistermusiker einmal völlig alleine – und auch das gelingt Martin Simpson ganz hervorragend, wie die Besucher des TFF Rudolstadt 2013 garantiert bestätigen können. Der Verweis auf den Festivalauftritt passt insofern, als das Album an diversen Orten quasi live im Studio aufgenommen wurde, mit ganz wenigen Overdubs, meist war die erste Version stimmig. Akustische, elektrische und Slidegitarre, Banjo und natürlich Simpsons knorriger Gesang; schottische Balladen, amerikanische Tradsongs, eigene und fremde Lieder, zum Beispiel von Leonard Cohen, sowie Gitarrenimprovisationen – das Destillat von 48 Bühnenjahren. Ein solches Album mag im Prinzip natürlich jeder einspielen können – aber wohl kaum mit der Glaubwürdigkeit, Überzeugungskraft und Souveränität des Mannes aus Leeds. Wie sehr ruht ein Künstler in sich, der auf die in Frageform gekleidete Folkdefinition „Ist das nicht dieser bolschewistische Unsinn?“ ganz gelassen und ironisch reagiert: „Ich liebe diese Bemerkung, Folkmusik kann es ab, auf solche Art von Dummköpfen geschmäht zu werden.“
Mike Kamp

 JOHN SPILLANE: Life In An Irish Town
JOHN SPILLANE
Life In An Irish Town
www.johnspillane.ie
(Universal Music Ireland 3753155)
11 Tracks, 36:31 , mit ausführlichen Infos u. Texten


Der irische Sender TG4 ließ für Spillane An Fánaí (Spillane The Wanderer)d en Singer/Songwriter John Spillane als Barkeeper in sechs typischen, traditionsreichen irischen Pubs die Einheimischen erleben. Dies war die Inspiration für die vorliegende Sammlung sehr persönlicher Lieder, die mit charismatischer Stimme das Leben auf dem Land in höchst vergnüglicher und fantasievoller Sprache besingen. Poetische Midtempo-Songs wechseln mit schwungvollen Widmungen an die besuchten Plätze. „Fethard Town“ bedient sich mit Wortspielen und fröhlichen Kinderstimmen den Mustern eines Kinderliedes, „Ferry Arms“ gibt in grotesker Weise die Stimmung in einem Fußballpub wieder. Dazu gesellen sich die Perlen des Albums, der fantastische Einstieg „Life In An Irish Town“ und das Schlusslied „All The Ways You Wander“, ein alter Hit Spillanes in neuem, unglaublich intensivem Pianoarrangement – der Rezensent war echt ergriffen! Einige Längen in der Mitte des Albums sollen nicht verschwiegen werden, aber insgesamt ein emotional sehr dichtes, schönes Werk für Stunden der Muße – Applaus für John Spillane und seine musikalischen Freunde aus Cork an Keyboards, Percussion, Uilleann Pipes, Fiddle und mehr!
Johannes Schiefner
 SVESTAR: Svestar
SVESTAR
Svestar
www.svestar.dk
(GO’ Danish Folk Music GO1113)
13 Tracks, 42:23 , mit dän. Texten u. dän./engl. Infos


Die drei dänischen Musikerinnen, die sich hier zu ihrem ersten Album zusammengefunden haben, sind schon sehr unterschiedlich. Der Mezzosopran von Anne Roed Refshauge ist klassisch geprägt – meist singt sie mit Vibrato, was im Folk eher unüblich ist. Die Pianistin Marie Sønderby ist stilistisch kaum festzulegen. Sie ist in der Lage die Akkordmöglichkeiten des Pianos mehr auf Einzeltöne zu reduzieren und ist insofern ein ausgewogener Gegenpart zur Folkgeige Kirstine Sands, die ja immer eine besondere Dynamik entwickelt. Gastmusikerin bei sieben Stücken ist die junge Cellistin Kirstine Pedersen, die sowohl in der Klassik als auch im Folk zu Hause ist – sie hat beide Genres 2013 jeweils mit einem Master abgeschlossen. Die Stücke verfügen über eine ziemliche Bandbreite: eigene Kompositionen von Refshauge wie „Du, Min Anna“, das auf Feldpostbriefen ihres Urgroßvaters basiert und mit Torben Sminges Flügelhorn untermalt wird; Instrumentalstücke von Sand wie „Dansen I Lunden“ mit Cello und Geige; sowie traditionelle Stücke wie das bekannte „Jeg Kann Se På Dine Øjne“. Als gemeinsame Leistung Torben Sminges und Svestars ist das Album außergewöhnlich gut abgemischt und ausbalanciert.
Bernd Künzer

 RICHARD WEIHS: Wiaschtln
RICHARD WEIHS
Wiaschtln
www.members.aon.at/richard.weihs
(Non Food Factory NF_2346)
12 Tracks, 47:00


Mit der Traditionspflege ist es im Zeitalter der Globalisierung und der Auflösung von Heimatgefühlen und Traditionsgenres nicht so einfach. Dass dem Wiener sein Wienerlied heilig ist – geschenkt! Was, wenn sich Bluesklänge ins Spiel mischen? Komödiant Richard Weihs lebt in Wien und ist Gitarrist und Besitzer einer unglaublichen Sammlung historischer Resonatorgitarren. Da liegt der Blues ganz nahe. Zudem arbeitet er mit dem Resonatormeister Gottfried Gferer zusammen, der in Kärnten, im Blues und in der Gitarrenwelt Hawaiis zu Hause ist. Für Wiaschtln hat Weihs sich mit Spezis des Wienerlieds und mit Gferer umgegeben. Gesungen wird im Wiener Dialekt – was zumindest bis zum sechsten Titel von Wienerliedreminiszenzen und von jenseits des Weißwurstäquators teilweise schwer verdaulichem Wiener Schmäh geprägt ist. Dank der feinen Slidegitarrenarbeit Gferers bleiben aber selbst diese Stücke bluesgeerdet. Mit Track sieben allerdings verschwindet glücklicherweise der Zwang zum Lustigsein, alles entspannt sich und findet in einem unaufgeregten und deshalb guten Cover des Slide-Gospel-Klassikers „You Gotta Move“ als „Wiad scho wean“ schließlich einen gar nicht wurschtigen, krönenden Abschluss.
Harald Justin