Rezensionen der Ausgabe 2/2013
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DEUTSCHLAND
| WALTER HEDEMANN Chansons, was sonst? www.contraermusik.de (Conträr Musik 69/Indigo) 3 CDs, 68 Tracks, 212:40 , mit buchstarkem Booklet und ausführlichen Infos
„Na ja: Pannen kann es geben .../ Wie lang willste denn auch leben? Du krepierst schon mal, dein Ende ist in Sicht – zwar vielleicht paar Jahre früher. Aber bei elektrisch Licht!“ So lautet die letzte Strophe von Walter Hedemanns Chanson „Die endgültige Lösung“, geschrieben vor exakt vierzig Jahren als Kommentar zur Atompolitik der damaligen Bundesregierung. Der so freundlich und harmlos wirkende Hedemann hat es faustdick hinter den Ohren. Der völlig zu Unrecht nur einer kleinen Fangemeinde bekannte, inzwischen längst pensionierte Studienrat für Deutsch und Englisch war und ist zugleich ein kabarettistischer Chansonnier ganz besonderer Güte. Stark beeinflusst vom Wiener-Brettl-Künstler Gerhard Bronner, von Friedrich Hollaender und Otto Reutter, ist Hedemann am ehesten mit Georg Kreisler zu vergleichen – ein überzeugter Freigeist, ein Meister der unerwarteten Gedankengänge, ein großartiger Satiriker und dazu ein ausgezeichneter Pianist mit einer ausdrucksstarken Stimme. Seine kantig-schrägen Liedinhalte, die sich häufig gegen engstirnigen Spießbürgermief und kleinstädtischen Interessenklüngel wenden, haben bis heute kaum etwas von ihrer Gültigkeit eingebüßt. Die ersten öffentlichen Auftritte absolvierte Hedemann Mitte der Sechziger neben Hannes Wader, Franz Josef Degenhardt, Reinhard Mey und Hanns Dieter Hüsch auf der Liedermacherburg Waldeck. Dass er nie bekannter wurde, mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass er bis zum Erreichen der Altersgrenze fest in seinen bürgerlichen Beruf eingebunden blieb. Anlässlich Walter Hedemanns 80. Geburtstags gewährt Conträr Musik mit einer aufwendig gestalteten CD-Box mit 68 Liedern und 120 Seiten Booklet – randvoll mit Liedtexten, Interviews, Kommentaren, Fotos und ausführlichen Informationen – nun einen umfangreichen Einblick in das Schaffen dieses großen Unbekannten des kritischen Liedes. Chansons, was sonst? ist die notwendige und sinnvolle Hommage an einen geradlinigen, in jeder Beziehung außergewöhnlichen Künstler. Kai Engelke
| SCHOTTLAND
| JOY DUNLOP Faileasan – Reflections www.joydunlop.com (Sradag Music SRM004) 11 Tracks, 50:17 , mit gäl./engl. Texten u.Infos
Man könnte durchaus den Eindruck gewinnen, beim Folker gäbe es einen Joy-Dunlop-Fanclub, war doch bereits ihre Kooperation mit Twelfth Day in Heft 5/2012 eine „Besondere“. Dem muss widersprochen werden, wenn es in die „fanatische“ Richtung geht. Es hat aber etwas Korrektes, wenn die Betonung auf „fantastisch“ liegt. Joy Dunlops Debüt Dùsgadh – Awakening, besagte „Besondere“ aus Folker 5/2012, hatte bereits alles, was ein gutes Album braucht, der Nachfolger ist einfach nur – genau – fantastisch. Faileasan – Reflections ist das komplette Paket, angefangen mit der Verpackung – die atmosphärischen Waldfotos, die gälischen Texte und Infos und deren Übersetzungen lassen einen den Tag der reinen Downloads in eine ferne Zukunft wünschen. Gleich zu Beginn wird man sanft, aber nachdrücklich in die künstlerische Welt der Joy Dunlop gezogen, wenn die Border Pipes den Klang des Liedes „If I Marry At All, I Won’t Marry A Big Girl“ dominieren, humorvoll, denn die Dame ist nicht gerade klein. Überhaupt hat sie sich mit erstklassigen Musikern und Begleitsängern umgeben. Das beginnt etwa mit Capercaillie- und Celtic-Connections-Chef Donald Shaw und geht über Aidan O’Rourke (Fiddle) und Lorne MacDougal (Pipes, Whistle) bis hin zur „Gälischen Sängerin des Jahres“ 2012, Riona Whyte. Solche Qualität zahlt sich hörbar aus. All das jedoch wäre nichts ohne Joy Dunlops Gesang – der „Gälischen Sängerin des Jahres“ 2010 und 2011! Schier endlos ist die Liste der Adjektive, mit der Kritiker versucht haben, ihrer Stimme gerecht zu werden: hypnotisierend, lieblich, bezaubernd, heilend, geschmeidig, erhebend. Oder im Folker: klar, ausdrucksstark, variabel und kontrolliert. Alles richtig und dennoch nur Worte. Was dieser Gesang an meist melancholischen Emotionen hervorruft, das muss man hören und erleben. Ein Paradebeispiel dafür ist der pure A-capella-Genuss von „Lament For Colin Of Glenure“, einer Ode an ihre Heimat Argyll. Faileasan – Reflections ist ziemlich nah dran an dem, was man gemeinhin Perfektion nennt. Mike Kamp
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