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CINESOUNDS
Die Filmkolumne von Michael Freerix
Southern Journey (Revisited)
Die Musikfilmfestivals Unerhört! (11. bis 15. November in Hamburg) und Soundwatch (5. bis 13. November in Berlin) bringen in diesem Jahr einen Film zur Erstaufführung nach Deutschland, über den schon seit Längerem einiges zu hören war, weil er eine Art Prequel zu The Ballad of Shirley Collins (siehe „Cinesounds“ in Folker 6/2018) ist, in dem es nur teilweise um die Beziehung zwischen Shirley Collins und dem Folkmusikforscher Alan Lomax ging. Southern Journey (Revisited) konzentriert sich nun ganz auf deren gemeinsame Reise durch den Süden der USA im
Southern Journey (Revisited)
UK, 2019, 75:00; Regie: Rob Curry, Tim Plester; Fifth Column Films
Hinweis: Der Film kann auf der Festivalwebsite unerhoert-filmfest.de nach der Premiere in Hamburg für kurze Zeit gestreamt werden.
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| Herbst 1959, ohne dass daraus ein biografischer Film wird. Beide Protagonisten sind entweder tot, wie Alan Lomax, oder nicht mehr reisefähig, wie Shirley Collins. Sie sind ausschließlich anhand von Bild- und Tondokumenten präsent. Faszinierend ist zu erleben, wie der Film um diese Abwesenden herum gebaut ist und dabei eine Geschichte von Leere erzählt. Da sind die verwahrlosten Felder und Häuser, die Menschen haben den ländlichen Raum verlassen, weil es keine Jobs und kein soziales Miteinander mehr gibt.
Alan Lomax hatte die gesamten Fünfzigerjahre hindurch hauptsächlich in England verbringen müssen, weil das Komitee für unamerikanische Umtriebe (House Un-American Activities Committee, HUAC) seine Erforschung ländlicher Musikkulturen in den USA unmöglich gemacht hatte. Lomax galt als Kommunist, der verfolgt wurde. Als seine damalige Lebenspartnerin nahm 1959 Shirley Collins als Tonfrau, Fotografin, Rechercheurin und „Mädchen für alles“ an der Reise teil. Im Gepäck hatten die beiden ein Ampex-6000-Stereo-Tonbandgerät, einige Mikrofone, Fotoapparate und sogar eine kleine Filmausrüstung. Für Lomax stellte diese Exkursion nicht nur einen Neubeginn in seiner US-amerikanischen Heimat dar, sondern sie bedeutete auch die Wiederbegegnung mit einem ländlichen Teil der USA, in dem er bereits in den Dreißigerjahren zahlreiche Feldaufnahmen hatte machen können. Doch der Zweite Weltkrieg mit seinen Folgen hatte die USA und das Leben auf dem Land drastisch verändert. Die Rassentrennung allerdings galt weiterhin, sie wurde erst 1964 durch den Civil Rights Act aufgehoben.
Die Filmemacher Rob Curry und Tim Plester haben sich nun auf die Spuren dieser Reise in den Süden gemacht. Zielgerichtet fahren sie die Route von Lomax und Collins ab und durchqueren dabei Virginia, Kentucky, Alabama, Mississippi, Tennessee und Arkansas. In Orten wie Mayking, Whitesburg, Lexington oder Fyffe hatte Lomax nach Musikern gesucht, die eher Randexistenzen der damaligen Gesellschaft waren. Den Musikforschern war es immer wichtig gewesen, diesen eine Stimme zu verleihen und darauf zu drängen, dass sie in den Kanon der herrschenden Kultur aufgenommen wurden. Doch inwieweit hat sich diese Stimme in den darauffolgenden sechzig Jahren verändert? Mit welcher Geisteshaltung leben die Menschen im Süden der USA im Jahr 2019?
... mehr im Heft. |
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