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 BERGE: Für die Liebe
BERGE
Für die Liebe
(Ferryhouse), mit Texten


Als Deutschlehrer übt man vielleicht Kritik am Versmaß der Lieder. Ist man Zyniker, sind einem die Texte vielleicht zu naiv. Als Musikjournalist verweist man vielleicht auf Juli oder Silbermond. Hört man das neue Album des Musikerduos Berge jedoch mit offenem Herzen, stellt man überrascht fest, wie einem die Tränen die Wangen herunterlaufen. Man spürt, hier singen Musiker die Wahrheit, wenn man in der heutigen Zeit überhaupt von so etwas wie Wahrheit sprechen kann. Und diese Wahrheiten gehen in all ihrer Einfachheit durch Mark und Bein. Man möchte sich über Für die Liebe erheben und sich lustig machen, stattdessen singt man mit und hört heimlich seine neuen Lieblingstracks noch einmal. Wie fragte Paul McCartney doch so treffend: „Was ist falsch daran, von der Liebe zu singen?“ Nichts, absolut gar nichts. Und so hinterlässt das Duo Berge in erster Linie Dankbarkeit. Dankbarkeit dafür, dass „Es gibt überhaupt keinen Grund für Krieg“ und „Ich entscheid mich für die Liebe“ gesungen werden, ohne Sachzwänge, ohne intellektuelles Geschraube, einfach nur aus dem Herzen und für die Menschen. Der alte Folkspruch „Dann müssen wir eben lauter singen“ findet hier seine Erfüllung. Popmusik für die Freitagsdemo.
Chris Elstrodt
 TERESA BERGMAN: Apart
TERESA BERGMAN
Apart
(Jazzhouse Records), mit Texten


Das neue Album der Wahlberlinerin steckt voller Überraschungen. Apart startet mit einer Mainstream-Soul-Nummer, die scheinbar die musikalische Richtung der Musikerin vorgibt. Doch im Verlauf des Albums wird der Hörer immer neu überrascht und verwirrt. So wechseln sich experimentelle Kompositionstechniken wie in „Seconds“ mit traditionell anmutenden Folksongs („Follow You“) ab. Es scheint, als wäre Teresa Bergman ein Pseudonym für ein ganzes Künstlerkollektiv, so verschiedenartig sind die einzelnen Songs. Dass das Album dennoch in sich geschlossen und wie eine Einheit klingt, grenzt an ein kleines Wunder. Wunder sind auch die Soundqualität, die Leistung der Mitmusiker an Bass, Drums und Keyboards und insbesondere die Arrangements, die sich weit vom Folk-/Jazz-Standard heutiger Einspielungen absetzen. Apart wird so zu einem spannenden, ambivalenten Projekt. Die Songs passen, für sich allein betrachtet, gut auf die Bühne von Folkclubs oder Stadthallen. Als Gesamtwerk gehört das Album der gebürtigen Neuseeländerin aber in die Gesellschaft der großen Grenzbeschreiter wie Klaus Doldinger, Van Morrison oder Ani DiFranco.
Chris Elstrodt

 ESENCIA DE BOLERO (LIPA MAJSTROVIĆ & TIZIAN JOST): Historia De Un Amor
ESENCIA DE BOLERO (LIPA MAJSTROVIĆ & TIZIAN JOST)
Historia De Un Amor
(DMG Records), mit span. Texten u. engl. Infos


So mancher Künstler Lateinamerikas, der sich des u. a. zwischen Kuba und Mexiko entwickelten Bolero-Liedgenres annimmt, klingt weniger genuin. Die in Paris geborene Tiroler Sängerin, zum Teil in Spanien und Kroatien aufgewachsen, sowie der aus Kassel stammende Jazzpianist und -dozent trafen zwar eine geradezu klassische, für Kenner nicht allzu überraschende Auswahl an Boleros wie auch als Bolero populären Tangos (z. B. Gardels „El Día Que Me Quieras“). Und auch ihre Art der Interpretation wirft zugegebenermaßen kein wirklich neues Licht auf diese in Kuba auch schon vor einem halben Jahrhundert mit Jazz verbandelte Liedkultur. Von einem der Köpfe der sogenannten Feeling-Bewegung Havannas, César Portillo de la Luz, sind auch zwei bekannte Boleros dabei („Contigo En La Distancia“ und „Delirio“). Und doch bringen die beiden fernab der Bolero-Epizentren aktiven Künstler ihren jeweiligen Background (Jazz, Musical, Pop etc.) so zum Klingen, dass man eine gute Idee bekommt von der musikalischen Qualität und geradezu zeitlosen Eleganz dieser für europäische Ohren oft recht romantisch, gar schmalzig klingenden Lieder. Dafür braucht es, wie hier zu hören, mitunter nicht mehr als Gesang und Piano.
Katrin Wilke
 GRUP DOĞUŞ: Grup Doğuş
GRUP DOĞUŞ
Grup Doğuş
(Ironhand Records), mit engl. u. türk. Infos


Bis in die Achtzigerjahre wurden die Alben türkischer Musiker nicht nur auf Schallplatten, sondern oft auch auf Kassette verkauft. Diese waren meist günstiger und ließen sich auch beim Autofahren hören. Manche Künstler veröffentlichten ausschließlich Kassetten. Das war etwa bei Grup Doğuş aus München (!) der Fall, über deren einzige Veröffentlichung kürzlich der Inhaber des kleinen Labels Ironhand Records, Ercan Demirel, stolperte. Mit einiger Detektivarbeit fand er die Namen der vier türkischen Musiker heraus, erwarb die Rechte an der Neuveröffentlichung und präsentiert nun diese zu Unrecht vergessene Perle der Gastarbeiter-Rockszene der Mittsiebziger. Auf der LP enthalten sind acht psychedelische Stücke, teils Kompositionen namhafter Künstler der damaligen Zeit wie Cem Karaca und Barış Manço. Zu hören ist auch ein Schwarzmeermedley, alles freilich mit E-Gitarre, Keyboards, E-Bass und Schlagzeug gespielt. Hammondorgel, Wahwah-Effekte und Santana-artige Soli bezeugen, welch großartige Musik hierzulande in den Siebzigern gespielt wurde, aber das biodeutsche Massenpublikum nie erreichte.
Ines Körver 

 IONTACH: Cuan
IONTACH
Cuan
(Siúnta Music), mit ausführlichen, fundiert recherchierten engl. u. dt. Liner Notes


Wie schön, dieses das Album eröffnende, mit perfektem traditionellem Timing in der klassisch irischen Besetzung Flute/Fiddle/Bouzouki eingespielte Set von irischen Reels, das noch dazu mit „The Small Hills Of Offaly“ eine der Lieblingstunes des Rezensenten enthält! Wie ergreifend, Sängerin und Flötistin Siobhán Kennedys Stimme zum Drama des Schiffsunglücks von „Cooley Shore“ ansetzen zu hören. Der Song wurde nach Textfragmenten aus dem Nachlass von Siobháns Vater Rory komponiert, der eine große Rolle bei diesem fünften Album der multinationalen Irish-Trad-Band spielt. Zum zweiten Mal dabei ist der Brite Nick Wiseman-Ellis, der sein Examen an Fiddle und Akkordeon in Newcastle upon Tyen ablegte. Seine Interpretation des Slip Jig „The Red-Haired Girl“ aus der Feder von Paddy O’Brien ist einfach brillant; „Time For Tea“ illustriert seine kompositorische Kompetenz im Trad-Idiom! Das renommierte Trio um den Multiinstrumentalisten Jens Kommnick bleibt seinem Konzept von virtuoser Irish-Trad-Music-For-Three treu, immer authentisch und wohlabgewogen zwischen Fragilität und druckvoller Energie. Alle „Stimmen“ des Ensembles finden ihren Platz und begeistern durch Intimität und Detailreichtum. Highly recommended!
Johannes Schiefner
 KATA Y CO: Bossa und no’ was
KATA Y CO
Bossa und no’ was
(Herzog Records), mit dt. Texten u. Infos


Hatten wir so was schon mal? Die Sängerin Katharina Mai wuchs im russischen Uralgebirge auf, lernte dort über brasilianische Telenovelas Brasiliens Musik kennen, wurde später klassische Sängerin in Deutschland, lernte dazu Portugiesisch und Spanisch akzentfrei zu sprechen, lebte in Argentinien und gründete mit Jazz- und Klassikmusikern nun die Band Kata y Co. Dies erklärt so manches an ihrem ungewöhnlichen Album. Mais Stimme ist kräftig und ausdrucksstark, aber vor allem verwebt sie all ihre Einflüsse in den meist brasilianischen Stücken. Da vermengen sich Bossa Nova und Tango oder Tom Jobims „How Insensitive“ wird mit Chopin eingeleitet, um die harmonische Verbindung in Jobims Bossa Novas mit dem musikalischen Impressionismus aufzuzeigen. Die Arrangements lassen sich oft von den Texten der Songs inspirieren. Jazz, Klassik, Bossa Nova und Tango entwickeln hier Synergieeffekte. Etlichen Evergreens von Jobim, Pixinguinha, aber auch Piazzolla, die teils schon endlos interpretiert wurden, werden hier noch mal neue Höreindrücke abgerungen. Zum Abschluss präsentiert sich Mai zudem mit ihrer völlig anderen klassischen Stimme und verblüfft so insgesamt mit einer nicht alltäglichen Vielfalt.
Hans-Jürgen Lenhart

 KLAUS DER GEIGER & MARIUS PETERS: Imma Dolla
KLAUS DER GEIGER & MARIUS PETERS
Imma Dolla
(Tomorrow), mit Texten


Klaus Christian von Wrochem, besser bekannt als Klaus der Geiger, wird im Januar achtzig und ist immer noch von ungebrochener Aktivität. Vor allem in Köln und Umgebung als Straßenmusiker bekannt, war und ist der klassisch ausgebildete Violinist immer wieder bei Aktionen und Demonstrationen dabei. Mit seinem leidenschaftlichen rhythmischen Gefiedel und seinen agitatorischen Liedern ist er seit Jahrzehnten eine feste Größe der politischen Liedermacherei. Fast fünfzig Jahre jünger als er ist der Gitarrist Marius Peters, der sich vor allem auf Klassik und Jazz spezialisiert und sich schon in vielen Formationen einen Namen gemacht hat. Diese beiden haben ein Album eingespielt, das kaum vielfältiger, bunter, breiter sein könnte. Womit soll man beginnen bei der Beschreibung? Bei den Liedern des alten Kämpen zum Hambacher Forst, zu RWE, zum Braunkohleabbau oder seinem eher romantisch angehauchten Bauwagenlied? Oder mit den Capriccios von Paganini, wo er sich immer noch als ganz großer Geiger erweist? Oder die Kompositionen zur Gitarre von Marius Peters zuerst nennen? Die beiden begleiten sich gegenseitig ganz großartig – eine ungewöhnliche Produktion.
Rainer Katlewski
 ANDREA PANCUR: Weihnukka
ANDREA PANCUR
Weihnukka
(Galileo MC)


Die Münchener Sängerin Andrea Pancur, in den Weltmusik- und vor allem Klezmerkreisen Deutschlands längst ein fester Bestandteil, legt mit Weihnukka innerhalb nun eines Vierteljahrhunderts ihr bereits siebtes Album vor, wobei die ersten drei noch unter der Formation Massel-Tov liefen. Das Wort „Weihnukke“, so wie der Rezensent es kennt, ist eine Kombination aus den Worten „Weihnachten“ und dem jüdischen Lichterfest „Hanukka“, denn Letzteres fällt durchwegs zumindest in die Adventszeit. Bereits in den letzten Dekaden des 19. Jahrhunderts strebten deutsche Juden im Rahmen der Aufklärung danach, sich den Umgebungsbräuchen – hier den mitteleuropäisch christlichen – anzupassen. Deshalb war beispielsweise der Weihnachtsbaum alsbald in vielen jüdischen Wohnzimmern zu sehen, so auch bei Theodor Herzl (1860-1904), dem anerkannten Begründer des Zionismus. Neben Alex Haas (Bass) und Johann Bengen (Schlagzeug) sorgen vor allem Christian Dawid (Klarinette, Querflöte) und Ilya Shneyveys (Akkordeon, Gitarre) für wunderbare Arrangements, begonnen mit traditionellen Weihnachtsliedern über ein fetzig-rhythmisches „Drey Dreydele“ bis gar zu einem Partisanenmarsch. Kurz: Ein ideales Festtagsgeschenk für den Klezmerbegeisterten.
Matti Goldschmidt

 FINN RITTER: Orter
FINN RITTER
Orter
(Timezone), mit Texten


Warum Finn Ritter laut Pressinfo so eine Angst davor hat, als das definiert zu werden, was er ist, kann sich die Rezensentin nur damit erklären, dass er sich fürchtet, sonst in der Flut der anderen deutschen Pop machenden Liedermacher unterzugehen oder in der Schublade Deutschpop nicht gefunden zu werden. Wortklauberei. Dabei muss er gar nicht bangen. Der Hamburger Wahlberliner klingt auch auf seinem seit 2003 vierten Album ungewöhnlich, ernst oder auch funky, formuliert explizit und hat auch etwas zu sagen. Und er jammert nicht. Ein Macher runder, guter Lieder, schön arrangiert, von Piano oder akustischer Gitarre begleitet, durch andere Stimmen gehoben, zu denen sogar manchmal das Tanzbein zuckt. Man kann erkennen, dass er die Beatles schätzt. Wem die zwölf Lieder nach etwas mehr als zwanzig Minuten zu schnell vorbei sind, der wird sich nicht langweilen, das Werk noch einmal anzuhören.
Imke Staats
 SOLID GROUND: Summer And Spring
SOLID GROUND
Summer And Spring
(Folkup Music), mit engl. Texten


Die siebenköpfige Modern-Poetry-Folk-Band um Sängerin Simone Papke ist nach eigenen Angaben „inspired by Ireland“. Der Rezensent beobachtet sie seit ihrem Debütalbum First Flush (2005), war von Anfang an begeistert von dieser weiblichen Stimme, die traditionellen, getragenen Liedern die Seele einhaucht, die sie brauchen, und zugleich kritisch gegenüber den poppigen, schnelleren Songs, die schlagzeugbegleitet eher nervig-gute Stimmung erzeugten. Das Feedback scheint angekommen zu sein, denn heraus kam dieses sechste Album, das beide Stilrichtungen gekonnt miteinander vereint. 18 Tracks, mal poppig, mal getragen, auch Instrumentals, zwar mit Schlagzeug, aber dezenter, schöne, verträumte Klaviereinlagen und neben Papkes Stimme auch zwei männliche – von Jockl Werner und Carlo Nilsdorf – sowie Geige, Akkordeon, Dudelsack, Bass und andere Instrumente sorgen für einen durchgehenden, fast einstündigen Musikgenuss. Die Texte stammen diesmal fast alle von William Butler Yeats (1865-1939), eines von Francis Ledwidge (1887-1917), und sind im Beiheft abgedruckt. Somit handelt es sich hier um musikalische Interpretationen irischer Literatur aus Unterfranken, derer man sich mit Muße widmen sollte.
Michael A. Schmiedel

 UNTERBIBERGER HOFMUSIK: Dahoam und retour
UNTERBIBERGER HOFMUSIK
Dahoam und retour
(Himpsl Records), CD+DVD


Erst mal ein paar Infos für alle, die die Unterbiberger Hofmusik noch nicht kennen: Fünfmal lautet der Nachname Himpsl. Vater Franz Josef (Trompete, Saz), Mutter Irene (Akkordeon) sowie die Söhne Xaver (Trompeten), Ludwig (Schlagzeug, Percussion, Alphorn, Mellofon) und Franz jun. (Waldhorn). Alle Himpsls singen und werden komplettiert durch Mathias Götz (Posaune) und Florian Mayrhofer (Tuba). Das Repertoire könnte man als „Bavaria meets the world“ bezeichnen, vermischt die Band doch häufig die eigene Musik mit der ihrer Gastgeberländer. Der Mitschnitt des Konzerts vom 28.9.2018 in Taufkirchen ist seit dem Debüt Bajazzo (1995) bereits das zehnte Album der Hofmusik, die während dieser Zeit um die halbe Welt gereist und zusammen mit vielen lokalen Musikerinnen und Musikern aufgetreten ist. Und da kommt die beiliegende DVD ins Spiel, auf der die Himpsls allerlei Videomaterial von ihren Reisen und Auftritten zusammengetragen haben. Unbestrittener Hauptdarsteller ist da Vater Franz Josef, der mit entwaffnend liebenswerter Gnadenlosigkeit versucht, seine Ansagen in der jeweiligen Landessprache zu tätigen und so letztlich mehr für die Völkerverständigung tut, als jeder Gipfel oder jede Ordensverleihung.
Walter Bast
 CÉCILE VERNY & JOHANNES MAIKRANZ: Mein Liedgut
CÉCILE VERNY & JOHANNES MAIKRANZ
Mein Liedgut
(GLM Music)


Wenn man an der Elfenbeinküste geboren wurde, in Frankreich aufgewachsen und Jazzsängerin ist, sind einem Zarah Leander, Hildegard Knef oder Marianne Rosenberg nicht gerade an der Wiege gesungen worden. Wenn man aber seit dreißig Jahren in Deutschland lebt und singt, dann begegnen einem solche und andere Künstler und deren Lieder, und man lernt Neues kennen und schätzen. Und was Cécile Verny alles so untergekommen ist, erstaunt schon. Lonny Kellner und Trude Herr oder „Muss i denn“ kennen vermutlich heute nur noch ältere Jahrgänge. Aber kennen und mögen ist das eine, selber singen und aufnehmen das andere. Und da hat sie ihren ganz eigenen Stil gefunden, der die Lieder ganz anders und neu erklingen lässt. Man hört ihre Herkunft vom Jazz in den Songs, sie nimmt sich jedoch sehr zurück, interpretiert sie sehr verhalten, beinahe zerbrechlich, und verleiht ihnen dadurch einen Tiefgang, den sie als Schlager eigentlich nicht hatten. Auch eine „Ode an die Freude“ oder „Lippen schweigen“ sind sehr eigene Interpretationen von ihr. Johannes Maikranz unterstützt sie mit seinem variantenreichen Gitarrenspiel kongenial. Eine gute Möglichkeit, bekanntes deutsches Liedgut völlig neu zu hören.
Rainer Katlewski

 RALF WEIHRAUCH: Alles tot im Bauernhimmel
RALF WEIHRAUCH
Alles tot im Bauernhimmel
(Blue Bowl), Mit dt. Texten u. dt. sowie engl. Infos


So hat man deutsche Volkslieder noch nie gehört, und nach dem ersten CD-Durchlauf kann man es kaum glauben. Obwohl seine Wurzeln seit den Siebzigerjahren im Celtic Rock liegen, liebt Ralf Weihrauch das Experimentieren. Mit seinem aktuellen Album traditioneller deutscher Volkslieder hat er dies auf die Spitze getrieben. Die Arrangements der 13 Balladen – wie „Der grimmige Tod“, „Der Schlemmer“ oder „Eitle Dinge“ – sind nicht nur vollständig am Computer entstanden. Außer seiner Stimme, Akkordeon und Flöte verwendet Weihrauch nur Synthesizer, Loops und gesampelte Instrumente. Durch die elektronische Bearbeitung erklingen die zum Teil jahrhundertealten Lieder mal als Reggae, mal als Dancefloor, Funk, Techno-Polka oder asiatischer Elektropop. Selbst die Deutschfolk-Legende Liederjan singt plötzlich Harmonien dazu. Der Musiker aus Herne nennt seine Kreationen Sci-Folk. In der Tat erweckt er die Volkslieder mit seinem spacigen Sound zu neuem Leben. Ob die traditionellen Stücke dadurch tatsächlich wieder mehr an Aufmerksamkeit gewinnen, bleibt abzuwarten. Auf alle Fälle wird es eine Diskussion darüber auslösen, was eine angemessene Interpretation dieses Liedguts ist. Für den Autor wirkt es eher befremdlich.
Erik Prochnow