Tonträger, Bücher, DVDs, Filme, Plattenprojekte und besondere Empfehlungen der Folker-Redaktion.
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JÜRGEN TREYZ D-Trad Gitarre : traditionelle dt. Tanzmusik arrangiert f. Flatpicking-Gitarre in DADGAD. fingerprint-verlag.de (Osnabrück : FingerPrint, 2018. – 53 S. : überw. Noten u. TAB ; mit Abb. + CD. – ) ISBN 978-3-945190-28-9 , 19,80 EUR
Man kennt Jürgen Treyz als mitreißenden Flatpicking-Gitarristen der Irish-Folk-Band Cara und als Duopartner der Violinistin und Sängerin Gudrun Walther im Deutschfolkduo Deitsch. Treyz ist demnach sowohl im Irish Folk als auch im Deutschfolk zu Hause und weiß wie kaum ein Zweiter, den „keltischen“ DADGAD-Gitarrenstil auch an deutsches Folkrepertoire zu adaptieren. Schön, dass er für sein Spielbuch nicht auf das naheliegende (möglicherweise auch besser verkäufliche) irische Repertoire zurückgreift, sondern auf deutsche Volkstanzmusik. Zwölf der insgesamt fünfzehn geschmackvoll ausgewählten Stücke stammen aus der vor nicht allzu langer Zeit entdeckten Dahlhoff-Sammlung, die in der Bordun- und Volkstanzszene derzeit eine Renaissance erlebt. In langsam steigenden Schwierigkeitsgraden von leicht bis anspruchsvoll erläutert Treyz zunächst das Spiel einfacher Melodien, entwickelt unter Einbeziehung offener Saiten und gegriffener Bassnoten polyfones Spiel. Im Laufe des Buches erklärt er verschiedene Verzierungstechniken, wie Hammer-on, Pull-offs und Muted Triplets sowie das Umspielen einer Melodie mit Variationen. Alle Stücke sind auf der beiliegenden CD sowohl im Originaltempo zu hören als auch in einer langsameren Fassung; zu jedem Tanz gibt es eine Duettversion von Hauptstimme und Akkordbegleitung (die man über die Stereokanalauswahl einzeln einblenden kann). Außerdem gibt es Aufnahmen der Verzierungen. Selbstverständlich liegen die Stücke nicht nur in Noten-, sondern auch in Tabulaturschrift vor, die außerdem die Griffdiagramme für die Begleitung enthalten. Das Buch ist keine explizite DADGAD-Schule, sondern eher ein Spielheft, das Anfänger und Fortgeschrittene Schritt für Schritt an diese faszinierende Stimmung heranführt. Eine lohnenswerte Lektüre für jeden, der sich mit diesem Open Tuning beschäftigen möchte. Ulrich Joosten
| KEN PERLMAN Couldn’t have a Wedding without the Fiddler : the Story of Traditional Fiddling on Prince Edward Island. kenperlman.com utpress.org (Knoxville : Univ. of Tennessee Pr., 2015. – XXVIII, 463 S. : : mit s/w-Fotos u. ) ISBN 978-1-62190-097-9 , 39,95 USD
Es ist problemlos nachvollziehbar, dass es Länder gibt, in denen ein Instrument lange Zeit im Zentrum der traditionellen Musik stand: die Pipes in Schottland, die Harfe in Wales oder die Kantele in Finnland. In den östlichen, sogenannten kanadischen Atlantikprovinzen wie Nova Scotia oder Prince Edward Island (PEI) nimmt die Fiddle diese Position ein. Wie zentral dieses Instrument im Leben der Menschen zumindest bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts war, überrascht dann doch. Der US-Banjospieler Ken Perlman sammelte über 400 Fiddle-Tunes auf PEI, die er auf CD und in Buchform veröffentlichte, und kam so auf die Idee, sich mit der Fiddle-Geschichte auf der Insel zu befassen. Bei zwei ausführlichen Besuchen Anfang der Neunziger und 2006 interviewte er etwa 150 Fiddler und entdeckte eine Musiktradition, die international bis in die Neunzigerjahre ignoriert wurde. Angefangen hat die Entwicklung wie so oft in dieser Gegend mit den schottischen Einwanderern ab der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts erreichte die Popularität der Fiddler den Höhepunkt. Kaum ein sozialer Anlass war ohne sie – und es waren immer Männer – und ihre Musik denkbar, obwohl sie interessanterweise als Menschen nicht sonderlich geachtet waren. Diese zentrale, lokale Rolle änderte sich erst mit erhöhter Mobilität durch ein Straßennetz sowie Medien wie Radio oder TV und die dadurch verbreitete Rock- und Popmusik. Nach etlichen Jahrzehnten des Niedergangs wurde das Revival von der PEI Fiddlers Society und ganz besonders dem kommerziellen Erfolg von zum Beispiel Natalie MacMaster oder Ashley MacIsaac von der Nachbarinsel Cape Breton begünstigt. Ebenfalls erleichterte die 1997 eröffnete, 13 km lange Confederation Bridge den Austausch mit dem kanadischen Festland. Heute ist PEI mit Bands wie Vishtèn oder The East Pointers auf der internationalen Musiklandkarte vertreten. Das Buch ist wissenschaftlich fundiert verfasst und glänzt mit einem umfangreichen Anhang (Tunes, Quellen, Index etc.). Sprache und Stil sind verständlich und gut lesbar. Ohne Frage ein definitives Werk! Mike Kamp
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RICHARD FARIÑA Been Down So Long It Looks Like Up To Me / Mit e. Vorw. v. Thomas Pynchon ; aus d. Amerikan. von Dirk van Gunsteren. steidl.de (Göttingen : Steidl, 2018. – 392 S.) ISBN 978-3-95829-428-8 , 28,00 EUR
Über fünfzig Jahre hat es gedauert, bis jetzt endlich – Steidl sei Dank – eine deutsche Übersetzung von Fariñas 1966 erschienenem Roman vorliegt. Der Folker-Leserschaft wohl eher als Teil des Folkrock-Duos mit Ehefrau Mimi bekannt, liefert der Autor mit seinem Protagonisten Gnossos Pappadopoulos ein in mehrfacher Hinsicht wichtiges Buch. Für die Literaturfreunde finden sich in der in weiten Teilen in Slang geschriebenen Geschichte gleich mehrere literarische Stile – von den Beatniks über die Anfänge der Popliteratur bis hin zur Postmoderne eines Thomas Pynchon, der das Vorwort zur US-amerikanischen Neuausgabe 1983 lieferte. Inhaltlich spielt sich das Geschehen auf einem Campus ab – mit den Atomtests in der Wüste von Nevada, mit ersten revolutionären Aktivitäten auf Kuba und frühen Anzeichen der Hippierevolte in den Sechzigern als historischem Hintergrund. Wobei die Revolte des Gnossos Pappadopoulos eine gänzlich unpolitische ist. Mit hemmungslosem Drogenkonsum und wilden Sexabenteuern zeigt er seine Ablehnung der biederen US-Nachkriegsgesellschaft und der prüden sowie hierarchischen Ordnung auf dem Campus. Pappadopoulos studiert nicht, aber er ist auf der Suche. Verweigerung bedeutet ihm Freiheit. Diese Art von rauschhafter Befreiung lässt das, was wenig später mit Gegenkultur und Bürgerrechtsbewegung über die USA hereinbrach, nur erahnen. Dieses „Panoptikum gegenkultureller Ideologien, Strömungen und Figuren“, wie Moritz Scheper im Nachwort schreibt, bietet aber auf jeden Fall gerade angesichts des tagtäglich Lügen und Unsinn verbreitenden Twitter-Präsidenten Trump eine erfrischende Lektüre. Michael Kleff
| LEVI HENRIKSEN Wer die Goldkehlchen stört : Roman / aus d. Norweg. von Gabriele Haefs. randomhouse.de (München : btb, 2018. – 349 S.) ISBN 978-3-442-71680-7 , 10,00 EUR
Ein Roman voller Musik, in dessen Verlauf Jim, ein verkrachter Produzent, drei alte Geschwister singen hört und denkt: Das ist es, das rettet meine Karriere! Buena Vista auf Norwegisch! Jim kann auch EPs ausfindig machen, die die drei vor fünfzig Jahren eingespielt haben, nur haben sie danach ihre Karriere an den Nagel gehängt. Wie kann er sie dazu bringen, noch mal anzufangen und ein Album aufzunehmen? Doch die Senioren sind nicht so einfach zu überzeugen. Henriksen, selbst auch Musiker, erzählt eine schöne Geschichte über Musik, Hoffnung und Menschlichkeit. Doris Joosten
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KETIL BJØRNSTAD Die Welt, die meine war : die sechziger Jahre ; Roman / aus d. Norweg. von Gabriele Haefs… osburg-verlag.de (Hamburg : Osburg, 2018. – 832 S.) ISBN 978-3-95510-163-3 , 26,00 EUR
Ein weiterer, diesmal autobiografischer Roman eines norwegischen Musikers, der trotz seines Umfangs erst den ersten Teil des Lebens von Bjørnstad darstellt. In diesem Wälzer geht es um die Kindheit des Musikers, als er noch dick war und ein Wunderkind, das klassische Musik spielte. Der Autor schreibt darüber, wie er in den Sechzigern, während der großen Ereignisse der Weltgeschichte (Kubakrise, Beatles, Kennedy-Morde, Rassenunruhen in den USA und Mord an Martin Luther King) langsam seine Kindheit hinter sich lässt und seinen eigenen Kampf mit den Eltern, der Gesellschaft und seinem musikalischen Talent kämpft. Man darf gespannt auf den nächsten Band sein, der die Siebzigerjahre und ihre Musik behandelt. Doris Joosten
| HARTMUT KÖNIG Warten wir die Zukunft ab : Autobiografie. – 2. Aufl. eulenspiegel.com (Berlin : Verl. Neues Leben, 2018. - 558 S. : mit s/w-Fotos) ISBN 978-3-355-01866-1 , 24,99 EUR
Hartmut König, ein früher Protagonist der DDR-Singebewegung, der es vom Oktoberklub bis zum ZK-Mitglied der SED und stellvertretenden Kulturminister brachte, beschreibt sein Leben und Werden in einer gut lesbaren und umfangreichen Autobiografie. Zufallsbekanntschaften ebneten ihm den Weg in die Liedermacherei, der in den FDJ-Apparat mündete und ihn bis zur Wende zu einem Nachwuchskader in Partei und Regierung werden ließ. Es ist ein interessantes Buch, weil König neben seinen Überzeugungen auch Zweifel und Brüche benennt, seinen Glauben, seine Anpassungen und Feigheiten schildert: „Unsereins würgt an seinen Fehlern.“ Daneben stehen aber immer wieder eine hymnisch-belehrende Schreibweise und politische Abhandlungen, vieles in seinen Verkürzungen schwer hinnehmbar. Er erzählt locker und oft mit vielen Details, um dann bei heiklen, unangenehmen Themen in einen blumig-euphemistischen Stil abzutauchen. „Sag mir wo du stehst und welchen Weg du gehst“, lautete in naiver Schlichtheit der Refrain eines seiner bekanntesten Lieder und sein eigenes Leben belegt den Schlingerkurs von festen Glaubensgrundsätzen zu Orientierungslosigkeit. Ausblendungen, Selbstkritik, Rechtfertigungen und Schilderungen über Funktionäre und das Funktionieren der inneren DDR-Zirkel, alles drin. Rainer Katlewski
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