Tonträger, Bücher, DVDs, Filme, Plattenprojekte und besondere Empfehlungen der Folker-Redaktion.
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BOKANTÉ + METROPOLE ORKEST What Heat (Real World)
Bei dieser Produktion der Superlative zelebrieren die Musiker auf höchstem Niveau ihre ureigene Mischung aus Groove, Melody und Soul. Bokanté bedeutet „Austausch“ auf Kreolisch, der Muttersprache der Sängerin Malika, durchaus passend für die fünfköpfige internationale Gruppe, deren musikalische Identität sich zu einer Musik verbindet, die den Blues von seinen Wurzeln in Afrika und der arabischen Welt durch die Diaspora in einen modernen Kontext zieht. Dazu spielt das niederländische Metropole Orkest unter der Leitung von Jules Buck, bestehend aus einer Big Band mit erweiterter Streicherformation. Es hebt die Musik, bildlich gesprochen, auf eine große Leinwand. Die Produktion in den Real World Studios in England unterstützt dieses große Kinoformat klangtechnisch hervorragend. Bei all diesen akustischen Highlights geht leider ein wenig von den ab und an – und doch zu wenig – aufblitzenden, authentischen Stückchen einfacher Musik verloren. Die Herausforderung des Produzenten bestand offenbar auch darin, den verschiedenen musikalischen Akteuren genügend Platz einzuräumen. Nach 52 Minuten ist der Hörgenuss schon zu Ende. Trotzdem auf jeden Fall ein gelungenes Stück „Filmmusik“ für das Kopfkino. Christoph Schumacher
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MANOU GALLO Afro Groove Queen (Contre Jour), mit frz. u. engl. Texten u. Infos
Manou Gallo ist unbestreitbar die ungekrönte „Afro Groove Queen“, nicht nur an ihrem fünfsaitigen E-Bass. Das musikalische Spektrum der ivorischen Musikerin reicht von feinstem Jazzrock über Soul und HipHop bis zu afrikanischen Bluesballaden mit Tiefgang. Beigetragen zu diesem modern klingenden Album, das nun beim belgischen Label Contre Jour erschienen ist, haben auch illustre Gäste wie Manu Dibango, Chuck D. (Public Enemy), Sabine Kabongo (Zap Mama) und Bootsy Collins (James Brown), in dessen Studio das Album aufgenommen wurde. Die dreizehn Songs vermitteln als eine Art persönliche Bestandsaufnahme Biografisches aus Gallos Musikerinnenlaufbahn. So erfahren wir neben Lebenserinnerungen und Referenzen an Weggefährten auch Näheres zu ihrem Hörsturz vor sechs Jahren. Sie erklärt im letzten Song „Tinitus“, dass sie auf einem Ohr zu achtzig Prozent taub ist und auf dem anderen unter einer Geräuschüberempfindlichkeit leidet, dass sie trotzdem Musik macht und sie mit uns teilen möchte. Selbstbewusst, mit ihren Wurzeln stets verbunden, kombiniert Manou Gallo ihre musikalischen Ideen und mitreißenden Grooves zu einer wunderbaren Melange kraftvoller Musik. Da kommt Freude auf, nicht nur bei Bassisten. Christoph Schumacher
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KATE CAMPBELL Damn Sure Blue (Large River Music), mit engl. Infos
Was sofort auffällt ist, dass Damn Sure Blue sehr fett und doch natürlich aufgenommen ist. Die audiophilen Zuhörer werden hier voll auf ihre Kosten kommen. Im Großen und Ganzen bewegt sich Kate Campbell im Spektrum und der Klangästhetik des Folk und der klassischen Rockmusik unter Einsatz allerlei akustischer und elektrischer Instrumente. Zum Glück werden solche Feststellungen immer schnell unwichtig, wenn wunderbare Songs aus den Boxen springen. Gleich zu Beginn zeigt Kate Campbell, dass sie weiß, wie man geschickt phrasiert und so mit einfachen Mitteln Musik zaubert, die im Ohr bleibt. Mit natürlicher Stimme und einfachen Harmonien überzeugt sie auf Damn Sure Blue durchweg. Auch politisch wird sie hier und da, wenn es um die Freiheit und den Frieden geht, aber nie pathetisch oder anstrengend moralisch. Unter den insgesamt vier Coversongs verdient die Nummer „The Great Atomic Power“ der Country-Brüder Louvin besondere Erwähnung, die lässig rockig und mit Harmoniegesängen vorgetragen ist. Alles an dieser Veröffentlichung kommt sehr ehrlich daher, und man spürt außerdem, dass diese Dame aus Tennessee nicht erst seit gestern Musik macht. Absolute Empfehlung. Ferdinand Kraemer
| JOE FILISKO & ERIC NODEN Destination Unknown (Eigenverlag)
Filisko und Noden sind im Pre-War-Blues verankert und aus der Szene nicht wegzudenken. Noden fingerpickt und groovt auf der Gitarre wie ein Uhrwerk, und Filisko setzt auf der Harp (mal akustisch, mal durch den Verstärker verzerrt) vor allem archaische Stilistiken ein – auch sehr groovebetont und dennoch, ob seiner technischen Fähigkeiten, sehr virtuos. Nicht umsonst gilt er als Meister des Instrumentes, wenngleich sein Ton hier und da etwas mehr Kraft vertragen könnte. Der abgedroschenste Vergleich aus dem schwarzen Amerika für diese Duo-Formation ist hier, aufgrund der Instrumentierung, natürlich Sonny Terry & Brownie McGhee, welchen die beiden tatsächlich hier und da nahekommen, allerdings werden beileibe auch andere Einflüsse erkennbar. Bemerkenswert ist, dass sie – wenn auch klanglich tief verankert in der Tradition – ausschließlich eigenes Material aufnehmen. Ab und zu gibt es modernere Anleihen an spätere Formen des Folkblues, und auch Spirituals findet man auf Destination Unknown. Es ist immer wieder toll zu hören, dass diese ursprünglichen Spielweisen im Blues nach wie vor ihre Vertreter haben, die das Wissen darüber kreativ weitertragen. Ein gelungenes Werk. Ferdinand Kraemer
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INDIGO GIRLS Live With The University Of Colorado Symphony Orchestra (Rounder Records)
In den USA sind Amy Ray und Emily Saliers seit 1985 eine Institution im Folk-Indie-Singer/Songwriter-Genre. Bekannt für sein starkes politisches Engagement, erhebt das aus Georgia stammende Duo nicht nur musikalisch immer wieder die Stimme für den Umweltschutz, die Rechte von Minderheiten wie den Indianern oder die Abschaffung der Todesstrafe. Schon früh outeten sie sich als lesbisch und gelten bis heute als eine treibende Kraft in der Bewegung für die Gleichstellung Homosexueller. Auf ihrem vierten Live-Album präsentieren die beiden Gitarristinnen 22 ihrer bekanntesten Songs erstmals in sinfonischem Gewand. Die Einspielung mit dem University of Colorado Symphony Orchestra demonstriert erneut, welch gute Songschreiber die Indigo Girls sind und wie zeitlos ihre Musik von bislang 15 Studioalben klingt. Während Saliers melodische Balladen wie „Virginia Woolf“ oder „Come A Long Way“ wie geschaffen sind für ein Orchester, gewinnen Rays rockigere, bisweilen sogar punkigere Kompositionen wie „Compromise“ oder „Go“ einen ganz neuen Ausdruck. Schade, dass die Texte der Doppel-CD nicht beiliegen. Dennoch bietet das Album einen wunderbaren Einblick in das Werk des kreativen Duos. Erik Prochnow
| JIM LAUDERDALE Time Flies (Yep Roc Records)
JIM LAUDERDALE & ROLAND WHITE Jim Lauderdale & Roland White (Yep Roc Records)
Gleich zwei neue Alben kommen derzeit von Jim Lauderdale auf den Markt, sein bisher unveröffentlichtes erstes und ein brandneues, das passenderweise „Wie die Zeit verfliegt“ heißt. Da drängt sich der musikalische Vergleich geradezu auf. Als sich Lauderdale in jungen Jahren nach Nashville aufmachte, um dort in die Musikszene einzusteigen, hatte er scheinbar einen Masterplan, denn er traf sich sogleich mit dem bekannten Musikproduzenten Roland White, um mit ihm ein sehr bluegrasslastiges Album voller traditioneller Songs einzuspielen. Die fertig gemixten Bänder gingen seinerseits, so die Legende, verloren und wurden vor Kurzem wiederentdeckt. Diese frischen und perligen, doch nicht unbedingt eigensinnigen Aufnahmen zeigen den jungen Lauderdale, der klar definierte Traditionen fortführen will. Sein neuestes Album hingegen ist in seiner höchst artifiziellen Verschmelzung von Folk, Rock, Blues, Country, Psychedelischem und einem kleinen Quäntchen Jazz das Werk eines eigensinnigen Songschreibers, der sich nimmt, was er braucht, um Musik voller Charme und Weltoffenheit hervorzubringen. Michael Freerix
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JENNIFER MAIDMAN Dreamland (Domino Publishing)
Mit sechzig Jahren kann sie auf eine sehr erfolgreiche Karriere und ein bewegtes Leben zurückblicken. Hierzulande wenig bekannt, ist Jennifer Maidman seit den Siebzigern eine gefragte internationale Musikerin, Produzentin und Texterin. In ihrem künstlerischen Schaffen arbeitete die Britin mit renommierten Musikern wie Van Morrison, Mark Knopfler, Joan Armatrading, Boy George, Bonnie Raitt oder Annie Whitehead zusammen. Mit den Shakespeare Sisters gewann die Multiinstrumentalistin Platin und mit den Proclaimers Gold. Geboren als Ian ist ihr Leben aber vor allem die Geschichte der Verwandlung in Jennifer, die in einem falschen Körper zur Welt kam. Das Thema Transformation ist konsequenterweise auch der rote Faden ihres ersten Soloalbums. Mal funkig, mal jazzig, rockig oder einfach balladesk erzählt Maidman mit ausdrucksstarker Stimme Geschichten darüber, welche Energien der Mensch freisetzt, wenn Geist und Körper eine wirkliche Einheit bilden. Unterstützt wird sie von renommierten Kollegen wie Schlagzeuger Jerry Marotta, Gitarrist David Torn oder Posaunistin Annie Whitehead, die auch Maidmans langjährige Lebenspartnerin ist. Ein intensives Album mit vielen unerwarteten Wendungen. Erik Prochnow
| MARLA & DAVID CELIA Daydreamer (Elite Records), mit engl. Texten
In letzter Zeit scheint es immer mehr singende Pärchen zu geben, die durch die Clubs tingeln und dabei zeigen, dass gute Songs nicht unbedingt eines großen Aufwands bedürfen. Das kanadische Duo Marla & David Celia erinnert an manche folkige Popgrößen der Sechziger, wie Melanie Safka, The Mamas & The Papas oder die New Seekers. Ihre Songs sind einfach, geradlinig und griffig. Sie verführen zum Mitwippen, und obwohl ihr Gesang dezenter wirkt als man das von früheren Zeiten her kennt, spürt man immer eine angenehme Beschwingtheit in den Stücken. Auch ihr Satzgesang ist beeindruckend, etwas für Fans von Crosby & Nash. Und der Track „Brave New Land“ hätte auch Roy Orbison gutgestanden. Dass die meisten solcher Songs ausgerechnet während einer Russland-Tour in der transsibirischen Eisenbahn entstanden sein sollen, mag man kaum glauben. Am ehesten kann man das im „Luddite Blues“ mit seinem jiddisch klingenden Refrain nachvollziehen. Die beiden sind jedenfalls ein guter Beleg dafür, dass in der Alternative-Folk-Szene derzeit noch am ehesten echte Talente zu entdecken sind. Hans-Jürgen Lenhart
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PUNCH BROTHERS All Ashore (Nonesuch Records), mit engl. Texten
Die Punch Brothers sind noch nie angetreten, um Hörerwartungen zu erfüllen. Das Line-up einer klassischen Bluegrassband führt nahezu vollständig in die Irre – das Quintett hat auch auf den bisherigen vier Alben immer die Möglichkeiten dieser Besetzung ausgelotet. Mit All Ashore geht es einen weiteren Schritt hin zu komplexen Kompositionen und verwirrenden Arrangements. Elemente aus Jazz, Folk und Bluegrass kommen ebenso vor wie Versatzstücke aus zeitgenössischer klassischer Musik und Prog-Rock. So tönen Lautmalereien, die man einem solchen Instrumentarium nicht zutrauen muss. Textliche, dynamische, stilistische Sprünge kennzeichnen die Stücke, Atonales wartet gleich um die Ecke. Dazwischen erlauben kleine melodiöse Inseln ein Durchatmen vor der nächsten Herausforderung. „Jumbo“ beispielsweise startet wie ein Klassiker der Swingära, das Instrumental „Jungle Bird“ wie Highspeed-Bluegrass; Tempo- und Stimmungswechsel führen dann doch auf fremdes Gebiet. Chris Thiles Gesangslinien verlaufen unvorhersehbar, seine Mandoline reicht überall hin, wie auch die Instrumente der Kollegen. Alles an Land? Mag sein, aber der Boden unter den Füßen schwankt über dem akustischen Experiment. Volker Dick
| MARC RIBOT Songs Of Resistance 1942-2018 (Anti-Records), mit engl. Texten u. Infos
Fay Victor, Tom Waits, Steve Earle, Sam Amidon, Meshell Ndegeocello – Marc Ribot hat einige namhafte Musiker um sich geschart, um sozusagen das „definitive“ Anti-Trump-Album zu machen. Die Person Trump ist für Ribot der moderne Typ des Faschisten, der die Welt nur noch in Bezug auf sich selbst sehen kann. Und Marc Ribot ist als Teil einer Familie, die viele Mitglieder in Konzentrationslagern verloren hat, ganz besonders sensibel für dieses Thema. Songs Of Resistance ist eine Sammlung von Liedern in diesem Sinne, viele traditionelle finden sich darunter, aber auch einige wenige Eigenkompositionen. Musikalisch bewegt sich die Reise zwischen Jazz, Folk und sogar Latin hin und her, bildet also eine breite Palette ab, für die der Gitarrist bekannt ist. Wobei er diese unterschiedlichen Musikwelten auf seinen vorherigen Alben immer sehr gut zu trennen wusste. Die Songs Of Resistance stellen ein buntes Potpourri dar und stehen eher nebeneinander, was durch die vielen mitwirkenden Musiker noch betont wird. Ribot ist ohne Zweifel ein toller Gitarrist mit einer schier unüberschaubaren Fülle an hervorragenden Alben. Songs Of Resistance ist eher ein Album mit einer deutlichen Haltung, weniger der musikalischen Stringenz. Michael Freerix
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ALBOROSIE MEETS THE WAILERS UNITED Unbreakable (Greensleeves Records)
Für sein neues Album ist dem gebürtigen Sizilianer mit albanischen Wurzeln Alberto d’Ascola (aka Alborosie) in seiner jamaikanischen Wahlheimat ein brillanter musikalischer Coup geglückt, gelang es ihm doch, eine Backing-Band aus Mitgliedern der legendären Wailers zusammenzustellen. Und so feiern wir hier ein Wiederhören mit Gitarrist Junior Marvin, Keyboarder Tyrone Downie, Bassist Aston „Family Man“ Barrett und dessen Sohn Aston Barrett jr. am Schlagzeug. Sieht man einmal von Letzterem ab, der seinen ermordeten Onkel Carlton ersetzt, finden wir hier also im Wesentlichen das Line-up von Marleys Exodus aus dem Jahr 1977 wieder. Ergänzt wird das Ensemble durch Gitarrist Valter Vincenti, zwei Percussionisten, eine vierköpfige Bläsersektion sowie Nicole Burt, Carol Dexter und Sandy Smith als Backgroundsängerinnen, quasi die aktuelle Ausgabe der I-Threes. Für fünf der vierzehn Tracks hat sich Meister A. zudem vokalen Beistand durch Raging Fyah, Jah Cure, Chronixx, Beres Hammond und J Bogg geholt. Herausgekommen ist ein wundervoll entspanntes Album, von Track eins (einem Metallica-Cover!) bis zum ausklingenden Dub auf Track vierzehn. Guter klassischer Reggae ist eben nicht kleinzukriegen. Walter Bast
| Bixiga 70 Quebra Cabeça (Glitterbeat Records)
Das Cover dieses Albums wirkt wie ein falsch zusammengesetztes Puzzle einer afrikanischen Maske, allerdings nicht ohne Grund. Die derzeit interessanteste brasilianische Jazzband Bixiga 70 bemüht sich bewusst um eine Aufarbeitung der Verbindung Brasiliens mit dem Afrika aus den Zeiten der Sklaverei. Dementsprechend hört man vor allem afrikanische Rhythmik in ihren Stücken, und auch die Bläsersätze orientieren sich am Kollektivklang afrikanischer Gruppen der Achtziger, nur mit dem Unterschied, dass nach eigenen Angaben der Bläserpart quasi den Sänger ersetzt. Dies führt zu einem etwas ungewohnten Eindruck bezüglich der Melodik dieser zur neuesten Generation zählenden brasilianischen Jazzband. Im Grunde klingen die Stücke wie Titelmelodien von Siebzigerjahre-Fernsehserien, aber mit afrikanischen Grooves. Eigentlich keine schlechte Idee, dennoch wirken die Melodien etwas hausbacken, wiederholen sich zu oft, es sind kaum Soli vorhanden, weshalb dramatische Höhepunkte fehlen. Die Truppe zeigt ihr Talent eher im Arrangieren. Oft wird die Melodie mit wechselndem Instrumentarium wiederholt, wobei gerade die altmodischen Elektroniksounds am Erfrischendsten wirken. Hans-Jürgen Lenhart
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Anthony Joseph People Of The Sun (Heavenly Sweetness)
Zur Musik aus Trinidad fallen einem oft nur Klischees ein. Meist weiß man gerade mal, dass dort Steel Drums gespielt werden, und vielleicht noch, dass dort der Rapso herkommt. Dass man daraus auch mehr machen kann, zeigt ausgerechnet der einheimische Dichter Anthony Joseph. Er vereint auf seinem Album stilistisch und generationsmäßig recht unterschiedliche Musiker und präsentiert einen Mix aus Spoken Word, Funk, Jazz, afrikanischer Rhythmik, Streichern, Orisha-Gesängen und der traditionellen Steel-Drum-Musik. Auch rockige Arrangements und eingeflochtene Raps von Brother Resistance tauchen auf. Der Vortrag der Gedichte erinnert zudem an den souligen Sprechgesang auf manchen Alben von Isaac Hayes. Das ist alles sehr tanzbar und hoch energetisch wie auch überraschend, denn derartige Klänge hat man aus Trinidad noch nicht gehört. Leider stellt sich bald ein gewisser Gewöhnungseffekt ein, denn die Stücke ähneln sich zu sehr. Die Musik wirkt oft zugetextet und die Bläser dominieren zu stark. Auch hätte man mehr Spielraum für Soli einbauen können und ausgerechnet die Steel Drums gehen in der Klangdichte meist unter. Insgesamt aber eine engagierte Hommage an Trinidad & Tobago mit innovativer, gut groovender Musik. Hans-Jürgen Lenhart
| GRUPO MONO BLANCO ¡Fandango! Sones Jarochos De Veracruz por Grupo Mono Blanco (Smithsonian Folkways Recordings/Galileo MC), mit engl. u. span. Infos
Kaum zu glauben, dass sich hinter diesem so frischen wie traditionsverbundenen Bandsound eine vierzigjährige Geschichte verbirgt. Bereits 1977 formierte der Jarana- und Panderospieler, Sänger und Tänzer Gilberto Gutiérrez Silva diese heute personell verjüngte, aktuell fünfköpfige Formation. Zu jenem Zeitpunkt war der im mexikanischen Veracruz verankerte, heute national populäre Son Jarocho ins Hintertreffen geraten. Der aus einer Son-Familie stammende Musiker fand erst in der Ferne, bei einem Aufenthalt in der Hauptstadt, zurück zu seinen Wurzeln und machte sich daran, mittels der originalen Instrumente diese reichhaltige Tradition wiederzubeleben, die heutzutage Musiker anderer Genres, etwa des Rock beeinflusst. Mit diversen Jarana- und anderen Gitarrentypen, Harfe, diverser Percussion, unter anderem dem Pandero und der Quijada (dem schnarrenden Eselskiefer, den man auch aus der afroperuanischen Musik kennt) versieht man farbenprächtig die mal flotten, mal zurückgelehnter-melancholischen Weisen von Liebesleid und -freud, welche häufig die ursprünglich ländliche Verankerung des Son Jarocho illustrieren. Der kann aber auch sozialkritisch sein, wie im letzten, zwölften Lied zu hören, das sogar mit einem kleinen Rap endet. Katrin Wilke
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