Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Backkatalog   Ausgabe Nr. 2/2019   Internetartikel
»Arabisch galt lange als Sprache des Feindes. Dennoch schaffte es die erste Singleauskopplung auf die Playlists der wichtigsten Rundfunksender.«
Dudu Tassa * Foto: Dudi Hasson

[Zurück zur Übersicht]



Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

Oder gleich zum (Schnupper-)Abo.






Aktuelles Album:

El Hajar
(Eigenverlag, 2019)


Cover El Hajar


Arabischer Frühling

Dudu Tassa and the Kuwaitis aus Tel Aviv

Sein Großvater und dessen Bruder bildeten das im Nahen Osten sehr geschätzte Duo Saleh & Daoud Al-Kuwaiti. Mit El Hajar erscheint das erste internationale Album von Dudu Tassa and the Kuwaitis, das modern angerockte Neufassungen von Songs aus dem Nachlass der berühmten Vorfahren enthält und der jüdischen Bevölkerung Israels mit arabischen Wurzeln eine kraftvolle Stimme beschert.

Text: Bernd Gürtler

Zum Interviewtermin in Berlin reisen sie zu dritt an. Manager Or Davidson ist dabei, Bassist und Co-Produzent Nir Maimon und Dudu Tassa selbstverständlich. Obwohl die Hauptperson, ist ausgerechnet er es, der sich selten zu Wort meldet und wenn doch, dann oft auf Hebräisch und seine beiden Begleiter dolmetschen ins Englische. Vermutlich weil er als Mann der Worte, der seine Songs samt der Texte meistenteils selbst schreibt, der Fremdsprache weniger zutraut. Englisch lässt jemandem wie ihm nicht die Nuancen, die es braucht, um sich präzise ausdrücken zu können. Der Eindruck drängt sich jedenfalls auf, und ein Handicap ist es nicht wirklich. Bestens vertraut sind sie alle drei mit dieser Geschichte, die zu glauben schwerfiele, wäre sie nicht durch Querrecherchen verifizierbar.
Belegt ist, dass der Vater von Großvater Daoud und dessen Bruder Saleh, also Dudu Tassas Urgroßvater aus dem irakischen Basra nach Kuwait übersiedelt, um dort mit weiteren fünfzig Familien eine jüdische Gemeinde zu gründen. Seinen Broterwerb bestreitet der Urgroßvater als Matrose der Handelsmarine. Von einer Indienreise bringt er seinen beiden Söhnen eine Violine und eine Oud mit. Die Buben sind damals zehn und acht Jahre alt. Das mit der Musik nehmen sie sehr ernst. Saleh studiert bei arabischen Meistern Oud und Komposition. Sein erster Song heißt „Walla Ajabni Jamalec“ und wird noch heute von Radiostationen der Golfregion eingesetzt. Bereits im Kindesalter erfreuen die Gebrüder Al-Kuwaiti arabische Würdenträger mit ihrer Darbietung. Irakische Schallplattenfirmen werden aufmerksam. Getragen vom Erfolg der talentierten Sprösslinge, kehrt die Familie nach Basra zurück und zieht von dort nach Bagdad, wo Saleh und Daoud sowohl für das irakische Königshaus als auch in diversen Nachtclubs aufspielen. Bis sich 1948 der Staat Israel gründet und buchstäblich über Nacht die arabischen Nachbarn Israel den Krieg erklären.
Von da an wird es für jüdische Menschen ungemütlich in der arabischen Welt. Selbst diejenigen mit arabischen Wurzeln bleiben nicht verschont. Die Al-Kuwaitis verlagern erneut ihren Lebensmittelpunkt, diesmal nach Israel. Unter prekären Umständen freilich, ihr gesamtes Hab und Gut müssen sie in Bagdad zurücklassen und auch die neue Heimat hält allerlei Unschönes bereit. Nach einem Zwischenstopp im Flüchtlingslager von Beer Yaakov lassen sie sich im Hatikva-Viertel von Tel Aviv nieder. Um die Familie über Wasser zu halten, eröffnen Saleh und Daoud Al-Kuwaiti einen Laden für Küchenutensilien. Das Café Noah im Stadtviertel bietet ihnen eine der ganz wenigen Auftrittsmöglichkeiten. Ansonsten findet Musik höchstens noch im Kreis von Familie, Freunden und Nachbarn statt. Oder im Nischenprogramm des Radiosenders The Voice of Israel, der lediglich auf Kurzwelle empfangbar ist. Aber wenigstens bestreiten sie dort regelmäßig eine wöchentliche Radioshow.

... mehr im Heft.