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Backkatalog   Ausgabe Nr. 2/2016   Internetartikel
»Er ging daran, Banjos zu bauen, die in dieser Qualität und Quantität bisher keiner kannte.«

Zeitsprung

Mit dieser Serie möchte der Folker den Blick auf die musikalischen Wurzeln von Folk, Lied und Weltmusik lenken. In loser Folge berichtet Ralf Gehler über Musikantengruppen und historische Persönlichkeiten, die das musikalische Leben in früheren Zeiten prägten.

In dieser Ausgabe schreibt er über

Black Music Ensemble mit Banjo, 19. Jh. * Foto: Kollektion James F. Bollman, mit freundlicher Genehmigung

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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Literatur:

Philip F. Gura & James F. Bollman, America’s Instrument – The Banjo in the Nineteenth Century
(University of North Carolina Press, 1999)

Bob Carlin, The Birth of the Banjo – Joel Walker Sweeney and Early Minstrelsy
(Mc Farland & Company, 2007)



Wilhelm Boucher

Ein Niedersachse und das Five-String-Banjo

Es gab einmal eine Zeit, in der sich Tausende Deutsche aufmachten, ihrem Land den Rücken zu kehren und in der Fremde ein neues Leben zu beginnen. Amerika hieß das Land ihrer Sehnsüchte. Nicht nur die Armen und Ausgebeuteten zogen in die Neue Welt, häufig waren es die Jungen, Lebenshungrigen, Gebildeten und Ideenreichen, die ein Leben außerhalb erstarrter Bürokratie und Zunftgesetze suchten.

Text: Ralf Gehler

Ein bedeutendes Beispiel einer solchen Auswanderung stellt das Schicksal von Vater und Sohn Boucher aus Braunschweig und Hannover dar, die in den 1840er- und 1850er-Jahren in Baltimore als Musikinstrumentenhersteller und -verkäufer Karriere machten. Der Vater Johann Friedrich Wilhelm Esprit Boucher stellte spätestens seit 1840 in Baltimore Geigen, Trommeln, Gitarren und Banjos her. Er war wahrscheinlich jener William Boucher, der als „Tenorist“ an verschiedenen Opernhäusern Deutschlands sang und 1845 an den Aufführungen deutscher Opern in New York teilnahm. Kunsthandwerkliche Fähigkeiten paarten sich bei Boucher mit einer musikalischen Ausbildung. Der Sohn Wilhelm oder auch William Esperance Boucher jr. folgte seinem Vater. Auch er war Instrumentenmacher und verstand sich besonders auf die Herstellung von Marschtrommeln. William Boucher jr. sollte das Erscheinungsbild des wohl „amerikanischsten“ Musikinstruments maßgeblich bestimmen – des fünfsaitigen Banjos.
Entstanden aus Musikinstrumenten der afrikanischen Westküste, gelangte das Banjo spätestens im achtzehnten Jahrhundert mit der Verschleppung und Versklavung afrikanischer Arbeitskräfte nach Amerika und bald in die Kultur der Südstaatenplantagen der USA. Es überwand im Laufe seiner Geschichte immer wieder soziale Determinierungen. Ein erster Schritt war das Aufkommen sogenannter „Minstrel Shows“ als Teil einer frühen Popkultur der USA in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Weiße Musiker schwärzten sich ihre Gesichter und brachten mit Tanz und Musik das meist weiße Publikum zur Ekstase. Zu einer solchen Minstreltruppe gehörten auch meist ein oder zwei Banjospieler. Als Symbol schwarzer Kultur passte das Instrument in die durchaus von Rassismus geprägte Ausdrucksform der Minstrel Shows. Weil die Wildheit seiner Spielweise besondere Faszination ausübte, wurde das Banjo bald zum Bestandteil der weißen Musikkultur und zum Sinnbild amerikanischer Musik überhaupt.

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Originalbanjo von Wilhelm Boucher von ca. 1845
Originalbanjo von Wilhelm Boucher von ca. 1845