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Backkatalog   Ausgabe Nr. 5/2014   Internetartikel
»Peter, Paul and Mary as much as any singing group have helped in our un­der­stan­ding of one an­oth­er. They’re among the most fervent and effective singers toward peace and sanity.«
(Studs Terkel)
PETER, PAUL AND MARY

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CD-TIPP:

Carry It On
(4 CDs/1 DVD; Rhino/WB, 2004)


COVER CARRY IT ON 2004

COVER PETER, PAUL AND MARY 1962


Harmonischer Soundtrack für die Bürgerrechtsbewegung

Peter, Paul & Mary

Zum Tod von Mary Travers vor fünf Jahren

„Peter, Paul and Mary sind nicht nur drei der besten Folkmusiker aller Zeiten, sondern auch drei der wichtigsten Kämpfer für soziale Gerechtigkeit und Frieden, die aus der Künstlersparte hervorgetreten sind“, meinte Coretta Scott King einmal über das Trio. Mary Travers, Peter Yarrow und Noel „Paul“ Stookey gehörten zu den erfolgreichsten Gruppen der Sechzigerjahre und prägten den Sound der damaligen Bürgerrechtsbewegung in den USA. Während seiner erstaunlichen Karriere wurde das Trio mit fünf Grammys, acht Gold- und fünf Platinalben ausgezeichnet. Mit sechs ihrer Songs standen Peter, Paul & Mary in den Top Ten der Billboard-Hitparade. Nach der Auflösung 1970 verfolgten alle drei Musiker zunächst Solokarrieren bevor sie ab 1978 wieder gemeinsam auftraten und sich weiterhin auch politisch engagierten. Mary Travers starb vor fünf Jahren, am 16. September 2009, an den Folgen einer Leukämieerkrankung.

Text: MICHAEL KLEFF

Peter, Paul & Mary fanden Anfang der Sechzigerjahre zu einem Zeitpunkt zusammen, als das New Yorker Künstlerviertel Greenwich Village „ein Schmelztiegel der Kreativität“ war, wie sich Peter Yarrow (geb. 1938) erinnert. Nicht nur für ihn hatte damals „Musik mit Entdeckerfreude zu tun und nicht mit Geschäft. Wir wussten, dass Folkmusik eine große Rolle im Village spielte, aber noch Jahre davon entfernt war, auf nationaler Ebene wahrgenommen zu werden.“ Dann lernte Yarrow zunächst Noel „Paul“ Stookey (geb. 1937) kennen, der als frisch gebackener Stand-up-Comedian von der Michigan State University nach New York gekommen war. Schließlich stieß Mary Travers (geb. 1936) dazu, die Mitglied der Song Swappers war, einer jungen Folkgruppe um Pete Seeger. Aufgewachsen im Village, war die flachshaarige Sängerin bereits ein bekanntes Gesicht bei den sonntäglichen Treffen von Folkmusikern am Washington Square. Nachdem die drei beschlossen hatten, zusammenzuarbeiten, nahm sie der Folkimpresario Albert Grossman, der auch Dylans Manager war, unter seine Fittiche. Seine Livepremiere hatte das Trio 1961 im Club Bitter End. Danach standen Konzerte in anderen bekannten Folkclubs wie dem Gate of Horn in Chicago und dem Hungry I in San Francisco an. Dies war der Auftakt für eine neun Jahre währende Periode ständiger Tourneen für das im Beatnik-Look auftretende Trio: eine große Blonde, flankiert von zwei spitzbärtigen Gitarristen. Mit dem 1962 bei Warner Bros. Records erschienenen Debüt Peter, Paul & Mary erreichte Folkmusik erstmals die breite US-amerikanische Öffentlichkeit. In der Zeitschrift Billboard hieß es: „Es wurde sofort ein Klassiker.“ Das Album war zehn Monate in den Top Ten, blieb zwei Jahre lang in den Top Twenty und fiel erst dreieinhalb Jahre nach seiner Veröffentlichung ganz aus den Hot-Hundred-Albumcharts.

Peter, Paul & Marys Version von „If I Had A Hammer“ war nicht nur eine erfolgreiche Singleauskopplung aus ihrer Debüt-LP, sondern wurde auch zur Hymne der Bürgerrechtsbewegung. Als im August 1963 Peter, Paul & Mary in Washington vor Martin Luther Kings berühmter Rede „I have a dream“ Pete Seegers Titel sangen, standen gleich drei ihrer Alben in den Top Twenty der US-Charts: Das im Jahr zuvor veröffentlichte Debüt, das Nachfolgealbum Moving und In The Wind, das drei Lieder des damals zweiundzwanzig Jahre alten Bob Dylan enthielt. Der Song „Puff, The Magic Dragon“ von Moving wurde zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung Gegenstand einer großen Kontroverse. Als Ode an die Drogenkultur verstanden, weigerten sich viele Radiosender, das Stück zu spielen. Jahre später stellte Paul Stookey klar, dass es sich um die Geschichte eines kleinen Jungen handelte und mit Marihuana überhaupt nichts zu tun hatte.

Zwar wurden vieler ihrer Versionen der Protestsongs von Pete Seeger oder Bob Dylan als „Repertoire mit gefälligem Singalong-Appeal in professioneller Glätte“ und als „antiseptisch“ (Rock-Lexikon) kritisiert, doch war es gerade der kommerzielle Erfolg von Peter, Paul & Mary, der soziale und politische Anliegen weit verbreitete. Zudem bewiesen die drei Musiker Glaubwürdigkeit in ihren Aussagen, indem sie sich in der Protest- und Bürgerrechtsbewegung aktiv engagierten. Sie standen in Selma und in Washington an der Seite von Martin Luther King und waren vor allem an den Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg beteiligt. 1969 war Peter Yarrow Mitorganisator des Marsches auf Washington, bei dem Peter, Paul & Mary vor einer halben Million Menschen auftraten. Die Popularität des Trios half auch, neue Künstler bekannt zu machen. Wie zum Beispiel durch eigene Versionen von Gordon Lightfoots „In The Early Morning Rain“ oder John Denvers „Leaving On A Jet Plane“.

In einem Interview mit der New York Times sprach Mary Travers 1966 über die gute Zusammenarbeit mit ihren beiden Kollegen, die darauf basiere, dass man einander respektiere. „Es bedarf einer bestimmten Menge an Liebe füreinander, um gemeinsam überleben zu können. Ich glaube, dass viele Gruppen gescheitert sind, weil sie nicht in der Lage waren, sich aufeinander einzulassen.“ Das erste Ende von Peter, Paul & Mary hatte daher auch nicht damit zu tun, dass man sich nicht mehr verstanden hätte. Es waren vielmehr der Erfolg der Beatles und Dylans Wechsel zur elektrischen Gitarre, die das Ende des Folkbooms einläuteten. Mary Travers konnte dem neu entstehenden Folkrock nie etwas abgewinnen. Gegenüber den Chicago Daily News meinte sie schon 1966, dass diese Musik „so schlecht geschrieben ist. Als der Geschmack sich von Folk zu Rock änderte, wurde vergessen, gute Schreiber mitzunehmen.“ Vor diesem Hintergrund veröffentlichten Peter, Paul & Mary 1967 die wohl ironisch gemeinte Single „I Dig Rock And Roll Music“, eine Parodie gängiger Praktiken der damaligen Rockmusik.

Ihren letzten Grammy bekam das Trio 1969 für das Kinderliederalbum Peter, Paul And Mommy. 1970 trennten sich Peter, Paul & Mary nach der Veröffentlichung von Ten Years Together, einer Sammlung ihrer größten Hits, und begannen Solokarrieren. Mit Platten, Büchern und Fernsehauftritten konnten sie einige Zeit vom Ensembleruhm zehren. Mary Travers veröffentlichte in den Folgejahren fünf Alben, die aber alle nicht an den Erfolg ihrer Arbeit mit dem Trio herankamen, und spielte die Hauptrolle in einer BBC-Fernsehserie. Paul Stookey engagierte sich im spirituellen Bereich, brachte acht Soloalben heraus, von denen immerhin eines für einen Grammy nominiert wurde, und gründete eine Multimediaorganisation, die mit einer Reihe von Kinder-, Musik- und Fernsehprojekten befasst war. Peter Yarrow wandte sich neben seinen musikalischen Projekten vor allem politischen Aktionen zu. 1976 produzierte er den Song „Torn Between Two Lovers“, mit dem Mary McGregor Platz eins der US-Charts eroberte. Und für eine auf „Puff, The Magic Dragon“ basierende CBS-Zeichentrickfernsehserie bekam Yarrow eine Emmy-Nominierung.

Nicht überraschend war es eine politische Veranstaltung, die die drei Künstler 1978 wieder zusammenbrachte. Peter Yarrow war an der Organisation von Survival Sunday beteiligt, einer Antiatomkraftaktion in der Hollywood Bowl in Los Angeles. Er bat Paul Stookey und Mary Travers, mit ihm auf die Bühne zu kommen. „Wir hatten sechs Jahre lang nicht mehr zusammen gesungen“, erinnerte sich Travers. „Uns wurde klar, dass wir uns persönlich und musikalisch vermisst hatten. Wir beschlossen, eine begrenzte Reunion-Tour zu unternehmen. Wir wollten so viel zusammenarbeiten, dass es sinnvoll für unser Leben war, aber nicht so viel, dass es keinen Spaß mehr machte.“

Das Publikum war begeistert, aber das anschließend eingespielte Album Reunion fiel durch und schaffte es nicht einmal in die US-Top-200. Nach der Wahl Ronald Reagans zum Präsidenten der USA 1980 setzen Peter, Paul & Mary sich gegen die amerikanische Politik in El Salvador und Nicaragua ein, wo dem Weißen Haus nicht genehme linke Regierungen an der Macht waren. Nach einer Reise nach Mittelamerika entstand 1985 das Protestlied „El Salvador“ von Paul Stookey. Und Peter Yarrow schrieb im gleichen Jahr „Light One Candle“, mit dem für den Friedensprozess in Israel geworben wurde. Mit den Einnahmen aus dem Verkauf der beiden Singles wurde unter anderem die Organisation Sanctuary Movement unterstützt, die Bürgerkriegsflüchtlingen aus Mittelamerika half. Das brachte die Gruppe ebenso wieder ins Gespräch wie die Festnahme von Mary Travers sowie ihrer Tochter und ihrer Enkelin bei einer Antiapartheidkundgebung vor der südafrikanischen Botschaft 1986 in Washington. Das Thema findet sich auch auf dem im selben Jahr erschienenen Album No Easy Walk To Freedom. Für ihr Engagement gegen Apartheid wurden Peter, Paul & Mary schließlich bei einer Benefizveranstaltung im Kennedy Center in Washington von der Vereinigung Free South Africa geehrt. 1986 gehörte das Trio auch zu den Künstlern, die sich dafür einsetzten, auf das Problem der Obdachlosigkeit im Land aufmerksam zu machen. Die Einnahmen des Premierenabends eines einwöchigen Engagements am Broadway spendeten Peter, Paul & Mary der New Yorker Coalition for the Homeless.

Nachdem zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen der Gruppe ein Film unter dem Titel 25th Anniversary Concert zur Unterstützung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens PBS mit großem Erfolg ausgestrahlt worden war, begannen Peter, Paul & Mary Ende der Achtzigerjahre für PBS zu arbeiten. So nahmen sie unter anderem eine Kindershow und mehrere autobiografische Programme auf. Darunter 1996 Lifelines Live, bei dem alte Mitstreiter wie Richie Havens, die Weavers, John Sebastian, Ramblin’ Jack Elliott, Pete Seeger und Dave Van Ronk auftraten. Mit dabei waren auch B. B. King, Emmylou Harris und Carly Simon. 2004 erschien unter dem Titel Carry It On ein Boxset mit vier CDs und einer Bonus-DVD, das die Karriere des Trios dokumentiert. Gleichzeitig veröffentlichten Peter, Paul & Mary das Album In These Times, das ihr ungebrochenes soziales Engagement bewies. So prangert etwa „Jesus Is On The Wire“ die Diskriminierung von Schwulen und Lesben an. Und ein Teil der Erlöse aus dem Werk ging als Spende an die People for the American Way Foundation, eine Organisation, die sich seit 1981 für Werte wie Rede- und Religionsfreiheit sowie eine unparteiische Justiz und gerechte Wahlen einsetzt.

Dieses Studioalbum sollte das letzte gemeinsame des Trios sein. Sängerin Mary Travers erkrankte 2004 an Leukämie. Nach einer Knochenmarktransplantation konnte sie dann erstmals wieder im Dezember des darauffolgenden Jahres mit ihren Kollegen bei einem Weihnachtskonzert in der Carnegie Hall auftreten. 2006 wurde das Trio von der Songwriters Hall of Fame mit dem Sammy Cahn Lifetime Achievement Award für sein Lebenswerk geehrt. Als sich Travers’ Gesundheitszustand dann jedoch wieder verschlechterte, gingen Yarrow und Stookey im Sommer 2009 als Duo unter der Überschrift „Peter and Paul Celebrate Mary and 5 Decades of Friendship“ auf Tour. Am 16. September desselben Jahres starb Mary Travers im Alter von zweiundsiebzig Jahren an Komplikationen einer Chemotherapie im Rahmen ihrer Leukämiebehandlung. Bandmitglied Peter Yarrow sagte, Travers sei in ihrer Krankheit bis zum Tod so ehrlich und authentisch gewesen wie in ihrem Leben und in der Art, wie sie gesungen habe. Noel „Paul“ Stookey würdigte das Engagement seiner Bandkollegin, „besonders ihre Verteidigung der Schutzlosen“.

Peter, Paul & Mary haben ihren erfolgreichen Status dadurch erreicht, dass sie nie ihre Liebe für die Folkmusiktradition aufgaben. Mary Travers meinte einmal über Folksongs: „Diese Lieder sagen, wenn du sie singst, musst du auch nach ihrer Aussage leben.“ Die Musik des Trios – ob Kinderlieder, historische Balladen oder Topical Songs – war immer voller Hoffnung und frei von Zynismus. „Die Menschen können ihre Differenzen überwinden und vereinigt zu einer Welt mit mehr Fairness und Gerechtigkeit kommen“, sagte Peter Yarrow. Die drei Musiker haben mit Haltung bewiesen, dass man gemeinsam und einzeln einen Unterschied machen kann. Yarrow und Stookey sind auf diesem Weg auch ohne Mary Travers bis heute unterwegs.


PETER, PAUL AND MARY 1963
PETER, PAUL AND MARY 1963


PETER, PAUL AND MARY BEIM MARSCH AUF WASHINGTON 1963
PETER, PAUL AND MARY BEIM MARSCH AUF WASHINGTON 1963


PETER, PAUL AND MARY
PETER, PAUL AND MARY


PETER, PAUL AND MARY
PETER, PAUL AND MARY


PETER, PAUL AND MARY 2007
PETER, PAUL AND MARY 2007