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Backkatalog   Ausgabe Nr. 1/2020   Internetartikel
»Früher hatte man den Punkrock, um sich gegen was aufzulehnen, heute kann man die Folkmusik dazu hernehmen.«
Christian Pliefke * Foto: Christian Pliefke

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Aktuelle Veröffentlichung:

Diverse, Worldwide – 30 Years of Real World Music
(Real World Records, 2019)




Drei Labels – ein Macher

Nordic Notes, CPL-Music und Beste! Unterhaltung

Finnen und Franken, Balten und Norweger, samische Joiker und isländische Songpoeten – Christian Pliefke sorgt seit fünfzehn Jahren mit seinen Labels Nordic Notes, CPL-Music und Beste! Unterhaltung dafür, dass Künstler und Bands wie Eläkeläiset, Mari Kalkun, Svavar Knútur oder Gankino Cirkus fortwährend neue begeisterte Hörerinnen und Hörer finden.

Text: Jens-Peter Müller

Von Joseph Beuys gibt es den markanten Ausspruch: „Ich ernähre mich von Kraftvergeudung.“ Christian Pliefke aus dem kleinen fränkischen Ort Langenzenn in der Nähe von Nürnberg ist auch so ein unglaublich produktiver Mensch, der, wie er selbst sagt, sein Hobby, seine Leidenschaft zum Beruf machen konnte, weshalb er vorsichtig eher von „Berufung“ als von Arbeit spricht. Die Zahlen sind wirklich beeindruckend. Seit er sich 2005 selbständig gemacht hat, veröffentlichte der Labelchef insgesamt 263 Alben als Übernahmen. 2019 waren es ganze 27. Die meisten auf Nordic Notes, das für Folk und Singersongwriter aus Nordeuropa steht.
Schwerpunkt auf CPL Music sind Folk und Weltmusik aus den östlicheren Ländern Europas, vor allem aus Lettland. Auf Beste! Unterhaltung erscheinen Künstler wie Gankino Circus, Matthias Egersdörfer, Boxgalopp oder auch etwas „poppigere Musik“ à la The Henry Girls oder Singer/Songwriter Martyn Joseph. Außerdem ist Pliefke mit CPL-Booking als Agent tätig. Im Herbst 2019 organisierte er zum Beispiel ausgehend vom Gastland Norwegen bei der Frankfurter Buchmesse eine Tournee mit den Gruppen Eplemøya Songlag und Raabygg und im April wird er zum x-ten Mal die verrückte finnische Humppa-Band Eläkeläiset auf sechzehntägige Deutschlandtournee schicken. „Pressetechnisch lässt sich bei denen nicht mehr viel rausholen, die Jokes sind nach so langer Zeit einfach durch, aber was das Publikum angeht, kommen in München, Berlin und Hamburg weiterhin gut tausend Leute pro Abend.“
Pliefke erinnert sich an das Jahr 1994, als er und der Halbfinne Martti Trillitzsch, mit dem er damals das Label TUG Rec führte und später Humppa Records, 9pm Records und den finnischen Plattenladen Kioski ins Leben rief, auf dem Weg zur Popkomm waren und im Auto eine Kassette mit den ersten Aufnahmen der „Rentnerband“ (das bedeutet Eläkeläiset) hörten, die sie gerade aus Finnland bekommen hatten. „Ich war mal ein Metalhead und fand es natürlich toll, dass sie auf ihre Polka-Art Songs coverten, die ich als Jugendlicher gehört hatte, von Judas Priest bis Iron Maiden.“ Später entdeckte er dann die große, experimentierfreudige Folkszene Finnlands. „Wenn man älter wird, habe ich das Gefühl, weitet sich der Musikgeschmack. Ich glaube, früher hatte man den Punkrock, um sich gegen was aufzulehnen, heute kann man die Folkmusik dazu hernehmen.“ Meint er das auch politisch? „Wenn man die Rolle der Folkmusik in den baltischen Ländern ansieht, vielleicht. Aber diese Art, vor allem auch in Finnland, an der Tradition zu arbeiten, etwas Verstaubtes neu zu machen, mit Stolz, aber ohne diese rechten Tendenzen, die Dinge voranzutreiben und nach außen zu tragen, das ist unglaublich lebendig.“

... mehr im Heft.