Liebe Leserinnen und Leser!
Ein gut gefülltes Posteingangskörbchen erfreut jede Redaktion, zeugt es doch von der sprichwörtlichen Leser-Blatt-Bindung. Und manchmal lässt sich das ungefähre Volumen jenes Körbchens sogar vorhersagen, zum Beispiel, wenn man so etwas Revolutionäres macht wie wir – nämlich den Untertitel der Zeitschrift zu ändern: „Song – Folk – global“ anstatt „Magazin für Folk, Lied & Weltmusik“. Es gibt da offensichtlich drei Meinungskategorien: Fraktion eins hat kein Problem mit der Änderung, Fraktion zwei trauert dem Begriff „Weltmusik“ nach, und für Fraktion drei ist alles, was nicht aus Deutschland kommt, eh nur „Geschreibsel“ – leider. Ein wenig erstaunt hat mich dabei, dass Fraktion zwei den Begriff „global“ mit „Global Pop“ gleichsetzt. Das tun wir definitiv nicht, auch wenn wir den Folker nicht als komplett popfreie Zone garantieren können. Wir orientieren uns in Sachen „global“ an den Kollegen vom Duden, die da schreiben „auf die ganze Erde bezüglich; weltumspannend“. Wir haben tatsächlich nur den Untertitel geändert, nicht den Inhalt oder unsere Philosophie.
Hierfür stehen wir weiterhin: 1. Lied oder Song aus den deutschsprachigen Ländern inklusive Dialekte; 2. Folkmusik in der westlichen Definition von Europa bis Nordamerika; 3. weltumspannende Musik, traditionell ebenso wie mit zeitgenössischen Einflüssen gemischt. Plus all die wunderbaren Stilarten, die genau zwischen diese drei Säulen fallen. Und immer unter dem Aspekt, dass diese Musik eine Relevanz in und für Deutschland haben sollte, ganz gleich, ob das jetzt wegen Albumveröffentlichungen, Tourneen oder genereller Aktivitäten hierzulande der Fall ist. Manchmal jedoch finden spannende Dinge außerhalb der engen Grenzen dieses Landes und seiner Nachbarn statt und es wäre einfach schade, die Berichterstattung deshalb zu verweigern. All das vor einem klaren, nicht parteigebundenen, aber linken politischen Hintergrund, denn leider ist Bertolt Brechts Satz wieder weltweit besorgniserregend aktuell: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“ Beängstigend und nachdrücklich aufgegriffen im diesmaligen „Gastspiel“ von Heinz Ratz auf Seite 49.
Obige Definition verkünde ich wahrlich nicht zum ersten Mal an dieser Stelle, aber es gibt gewisse Dinge, die müssen tatsächlich ab und zu wiederholt werden. Die drei Säulen des Folker sollten in jedem Heft vertreten sein, aber es dürfte einleuchten, dass das nicht immer sauber gedrittelt möglich ist. Zumindest in diesem Heft etwa ist mit Genosse Marx auf dem Titel und einem Beitrag zum Start des Gundermann-Films von Andreas Dresen die Säule eins besonders prominent vertreten.
Und schon brechen wir die nächste |
Folker-Revolution vom Zaun! Die Kurzrezensionen werden ab sofort exklusiv auf der Folker-Website veröffentlicht. Im Heft findet sich ein Hinweis darauf, welche Alben auf folker.de kurz besprochen werden. Dieser Entscheidung ist ein ziemlich eindeutiger Meinungsbildungsprozess zwischen Redaktion und Rezensenten vorausgegangen. Die Argumente für das Internet waren klar: Es ermöglicht uns mehr Platz für Langrezensionen im Heft und im Internet sind die Rezensenten nicht mehr an die einengende 300-Zeichen-Regel gebunden, was – so hoffen wir zumindest – zu mehr Aussagekraft führt. Ich persönlich war immer ein Verfechter der „Alles-gehört-ins-Blatt“-Theorie, aber auch ein Herausgeber muss anerkennen, wenn er argumentativ in der Minderheit ist. Selbstverständlich interessiert uns besonders Ihre Meinung zu dieser Entscheidung, denn auch wenn es eine Binsenweisheit ist, wir machen jedes einzelne Heft tatsächlich in allererster Linie für Sie, die Leserinnen und Leser!
Jedes einzelne Heft, wirklich, und das vorliegende ist das 125ste. Wirklich? Doch, ich denke, wir haben richtig gezählt. Eigentlich wäre das ebenso ein Grund zum Feiern wie zwanzig Jahre Folker. Wir alle feiern herzliche gerne Partys, doch wir werden wohl beide Anlässe ohne verstreichen lassen. Und warum? Weil wir viel zu beschäftigt damit sind, alle zwei Monate für Sie ein richtig gutes Heft zusammenzustellen. Das ist die Wahrheit!
Viel Spaß mit der Nummer 125 wünscht Ihr Folker-Herausgeber
Mike Kamp |