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»Reinhardt zu heißen, nervt nie!«
Dotschy Reinhardt * Foto: G. U. Hauth

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Aktuelles Album:

Chaplin’s Secret
(Galileo, 2018)


Cover Chaplin's Secret


Dotschy Reinhardt

„Ich musste einfach in die SPD eintreten“

Die Sängerin und Autorin Dotschy Reinhardt setzt sich seit Jahren gegen die Diskriminierung der Sinti und Roma ein. Auf ihrem neuen Album Chaplin’s Secret spürt sie unter anderem einem Geheimnis um den wohl größten Komiker der Filmgeschichte nach.

Text: Rolf Thomas

1991 fand Charlie Chaplins Tochter Victoria einen Brief, den ihr Vater in seiner Nachttischschublade verwahrte. Darin wird Chaplin darüber aufgeklärt, dass er nicht – wie in seiner Autobiografie beschrieben – in London geboren wurde, sondern in der Zigeunersiedlung Black Patch in der Nähe von Birmingham. „Ich habe das schon oft in der Community gehört, aber über Elvis Presley vermutet man ja das Gleiche und das finde ich eher peinlich“, erzählt Dotschy Reinhardt. „Aber als Chaplin-Fan bin ich schließlich auf diese Briefe gestoßen und habe gesehen, dass auch Chaplins Sohn Michael eine große Affinität zu dem Thema hat. Es gibt auch eine Gedenkstätte in Black Patch, natürlich nicht explizit für Chaplin, sondern für die Community, die es dort gegeben hat. Heute stehen dort keine Wohnwagen mehr, aber der Verein ist sehr aktiv, es gibt ein Barbecue, zu dem auch Michael Chaplin oft kommt. Weil ich halt der Minderheit angehöre, um die es geht, interessiert mich das Thema natürlich, aber auch als Künstlerin.“
Als Jazzsängerin fühlt sich Dotschy Reinhardt den Wurzeln des Genres verpflichtet. „Geht Jazz ohne Blues?“, fragt sie. „Es ist eine Musik von Minderheiten für Minderheiten, und da hängt natürlich auch viel Leid dran, das kann dann ruhig mal sentimental werden. Für mich bedeutet das, sich mit der Freiheit des Jazz mitzuteilen und sich gemeinsam in der Improvisation ohne Noten zu verbinden. Es geht darum, auszubrechen aus Formen, die einem sonst auf dem Notenblatt vorgegeben werden.“ Und sie stellt klar: „Ohne Trauer und Melancholie kommt der Jazz nicht aus. Damit bin ich als Angehörige einer Minderheit aufgewachsen.“
Ihre musikalische Karriere hat Reinhardt seit ihrem letzten Album Pani Sindhu von 2012 etwas schleifen lassen. „Es wird immer schwieriger für Jazzmusiker, CDs auf den Markt zu bringen“, meint die Sängerin. „Durch den digitalen Wandel hat sich das extrem verschlechtert, wenn man nicht gerade Diana Krall ist. Bei mir war es mehr eine Zeitfrage. Im Moment bin ich politisch sehr aktiv und vor drei Jahren hatte ich das Gefühl, ich muss in die SPD eintreten. Ich liebe den Blues – den hat man in der SPD. Dort jammern alle, dort fühle ich mich wohl.“ Auch auf den sogenannten Schulz-Zug, der einem im Nachhinein wie eine Fata Morgana vorkommt, ist Reinhardt bewusst aufgesprungen. „Ich bin Martin-Schulz-Fan und mag ihn immer noch sehr gern“, sagt Reinhardt. „Beim Brigitte-Talk im Maxim-Gorki-Theater war er sehr sympathisch, ich habe aber auch gemerkt, dass er ein bisschen schwermütig ist. Neben mir saß ein Mann, der sagte, der wird nicht Bundeskanzler. Als ich fragte, warum, sagte er nur: ‚Der ist viel zu gut.‘“
Neben der Musik engagiert Dotschy Reinhardt sich vornehmlich gesellschaftlich. „Ich bin Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin vom Landesrat der Roma und Sinti Berlin-Brandenburg“, erzählt sie. „Oft werde ich auch zu Vorträgen und politischen Diskussionen eingeladen, was meine Zeit als Musikerin weiter einschränkt.“

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