Aktuelles Album:
Ahlam (ACT, 2018)
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Mediterrane DreifaltigkeitDas Trio NES aus Valencia
Das Cello war das Instrument des vergangenen Jahres, in dem NES auch erstmals international in Erscheinung trat. Dem 2015 formierten Trio gehören gleich zwei Cellisten an, nebst einem Percussionisten. Doch nicht daher rühren die drei Buchstaben des Bandnamens. Sie sind Abkürzung und Spitzname der Cello spielenden Leadsängerin und Komponistin der Formation, Nesrine Belmokh. Ebenfalls drei an der Zahl – ihre poetischen Verkehrssprachen: Englisch, Arabisch und Französisch.
Text: Katrin Wilke
Es sei schon eine eigentümliche Konstellation, räumt die polyglotte NES-Frontfrau in glattem Spanisch schmunzelnd ein. „Und aus dem einzigen harmonischen Instrument, dem Cello, schöpfen wir letztlich sehr reiche Sounds, indem wir Loop-Stations und Effekte hinzuziehen. Alles recht eigen.“ Diese Eigenwilligkeit bringt eine überaus reizvolle, aus Soul, französischem Chanson und Arabischem schöpfende, mediterrane Worldjazz-Mixtur hervor. Sie lässt das mit dem Mittelmeer assoziierte Drama ein wenig vergessen, die Traurigkeit um die Flüchtlingsschicksale, und hebt die so bedrohend gewordenen Gewässergrenzen klanglich aufs Schönste auf.
Doch auch bei NES ist allerhand Melancholie im Spiel, die Musik, die das im vergangenen Sommer erschienene Debütalbum Ahlam sammelt, meist im Mid-Tempo. Dort wie auch bei den ersten Konzerten außerhalb Spaniens erlebt man auf wohltuende Weise, wie gut und vertrauensvoll die drei in ihrer intimen Interaktion offenbar schon aufeinander eingespielt sind. Bemerkenswert, fanden sie doch vor gar nicht vor allzu langer Zeit in Valencias stimmungsvollem Bahnhofsviertel Russafa zusammen. Und da stellten sie staunend fest, dass sie – ohne es zu wissen – schon länger Nachbarn waren. Schnell kamen auch die musikkulturellen Nachbarschaftsgefühle zutage zwischen der Frankoalgerierin, dem seit vielen Jahren in Valencia lebenden Cello-Virtuosen Matthieu Saglio aus Frankreich (in der Vergangenheit unter anderem beschäftigt mit seinem Projekt Jerez-Texas) und dem wie dieser mit Flamenco und Jazz vertrauten, aus der Provinz Valencia stammenden Percussionisten David Gadea.
Lauscht man Nesrine Belmokhs glasklarem, ausdrucksstarkem Gesang, dann möchte man kaum glauben, dass die in Frankreich geborene Tochter von Algeriern als Sängerin eine Quereinsteigerin ist. Doch das Singen war – wie sie mit Freude kundtut – ein uralter Traum. Bis dato war sie in erster Linie klassische Cellistin, als solche acht Jahre im Opernorchester von Valencia tätig und daher in dieser multikulturellen, mediterranen Stadt gelandet.
Die neue Lebensetappe mit NES brachte mit sich, dass Belmokh zu komponieren begann. Weniger neu ist der Wechsel in die nun eher populärmusikalischen Gefilde, denn sie wuchs mit allerlei Klängen auf, zählt Oum Koulthoum oder die kürzlich verstorbene Aretha Franklin zu ihren großen Idolen. „Als Kind begann ich mit der araboandalusischen Musik, also der Nordafrikas, spielte Mandoline und sang in einem Orchester, das diese Musik präsentierte. Meine Eltern hatten einen Musikverein und luden oft Künstler aus dem Maghreb und dem Mittleren Osten ein. So war ich von klein auf an diese Nächte bei uns zu Hause gewöhnt, wo wir Kinder inmitten all der spielenden Musiker zu schlafen versuchten. Meine Eltern sind große Musikfans und machten mich und meine Geschwister mit diesem arabischen Teil der Kultur mittels der Musik vertraut.“ Dafür sei sie sehr dankbar.
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