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Backkatalog   Ausgabe Nr. 6/2018   Internetartikel
Ramy Essam * Foto: Matthias Kimpel

Resonanzboden
— Gedanken zur Zeit

Gastspiel





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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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Autoreninfo:


Ramy Essams an das damalige Mubarak-Regime gerichtete Lied „Irhal“ („Verschwinde“) gilt als Hymne der arabischen Revolution von 2011. Der gebürtige Ägypter lebt seit fast vier Jahren im Exil in mehreren nordeuropäischen Ländern. Von dort aus verteidigt er weiterhin die Verwirklichung der Menschenrechte in seinem Land und auf der ganzen Welt. Beim diesjährigen Rudolstadt-Festival stand er auf der Bühne und sprach bei einem Workshop über die Rolle nicht nur seiner Musik im Arabischen Frühling.


Diese Sprache verstehen sie nicht

Die Macht der Kunst

Es ist leicht nachvollziehbar, dass Regierungen wütend werden, wenn wir sie mit Kunst bekämpfen. Kunst ist unkalkulierbar, lässt sich nicht aufhalten und ist etwas, das sie nicht kontrollieren können.      

Text: Ramy Essam

Ich befinde mich derzeit an einem entscheidenden Wendepunkt in meinem Leben – wegen eines Liedes. Meine letzte Veröffentlichung „Balaha“ kam im Februar dieses Jahres heraus, und sie führte zur Verhaftung meines Freundes, des Dichters Galal El-Behairy. Wir veröffentlichten das Lied vor den Präsidentschaftswahlen – als Kritik an den vier Jahren Amtsführung Abdel Fattah al-Sisis. Wir wollten die Menschen dazu bringen, miteinander zu reden und einen Dialog über die aktuelle Situation in Ägypten zu beginnen sowie darüber, wohin sich das Land entwickeln könnte. Wir wollten Bewegung in die festgefahrene Lage bringen. Mit Erfolg: Allein in den ersten Tagen sahen Millionen Menschen das Video zum Lied. Aber es brachte einigen auch große Probleme.
Galal ist jetzt seit über sieben Monaten inhaftiert, weil er den Text zu „Balaha“ geschrieben hat. Und wegen eines Gedichtbandes, der noch gar nicht veröffentlicht ist. Im Juli verurteilte ihn ein Militärgericht zu drei Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe. Zusätzlich ist ein Verfahren vor einem Zivilgericht gegen ihn anhängig, das in dieser Sache auch einen Haftbefehl gegen mich erlassen hat. Ich bin im Ausland, Galal ist in Ägypten. Er ist derjenige, der jetzt im Gefängnis die Folgen erdulden muss.
Ich habe meine Bewegungsfreiheit verloren, da die ägyptische Regierung mir meinen Pass nicht verlängern will.* Ich kann deshalb nicht arbeiten, nicht auftreten und auf Tournee gehen. Ich bin überzeugt, dass ich meine Freiheit wiedererlangen werde. Aber was wird aus Galal im Gefängnis? Es gibt heute über 60.000 politische Gefangene in Ägypten. Es wird ein langer und schwerer Weg für ihn, wieder freizukommen. Im Wissen darum sind wir beide dankbar, dass uns so viel Unterstützung von Menschen aus aller Welt erreicht. Das PEN-Zentrum, die UN, Freemuse, das International Music Council und viele andere Organisationen leisten hier ausgesprochen wichtige Arbeit.

* Inzwischen erreichte uns die Nachricht, dass Ramy Essam Mitte Oktober von der schwedischen Regierung Reiseersatzpapiere bekommen hat, mit denen er nun wieder international unterwegs sein kann.

... mehr im Heft.

Dies ist eine Kolumne. Für die Inhalte der hier veröffentlichten Texte sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Diese Inhalte spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.