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Songposium Arbeiterlied * Foto: Silvia Hauptmann

Ortstermin


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Brachialromantische Proletariersongs

Songposium Arbeiterlied

Theater im Stadthaus, Rudolstadt, 6.7.2018



Text: Reinhard „Pfeffi“ Ständer

Dass ich einmal fast dreißig Jahre nach dem Ende der DDR freiwillig eine Veranstaltung mit Arbeiterliedern besuchen würde, hätte ich damals für absurd gehalten – zu sehr sind uns Schule und Staatsmedien damit auf die Nerven gegangen. Und nun dieses Konzert beim Rudolstadt-Festival im Rahmen der Songposium-Reihe, die sich seit einigen Jahren bestimmten musikgeschichtlichen Themen widmet. Maßgebliche Initiatoren waren die Herren Dieter Beckert und Jürgen B. Wolff, bekannt als Duo Sonnenschirm, die das spröde Thema Arbeiterlied auf ihre typisch brachialromantische Weise voller feinem Humor umsetzten. Dazu holten sie sich Unterstützung durch den Leipziger Kampfgefährten Jens-Paul Wollenberg und dessen Gruppe Pojechaly, durch das Stahlquartett aus Dresden mit Stahlcelli, durch die Rudolstädter Schauspieler Marie Luise Stahl (wie treffend!), Markus Seidensticker und Thomas Voigt sowie durch Prof. Dr. Martin Butler als mehr oder weniger seriösen Experten neben Moderator Beckert.
Das Konzert im Revuecharakter vor vollem Saal spannte einen Bogen vom Beginn der industriellen Revolution bis ins zwanzigste Jahrhundert. Beginnend mit Handwerker-Folkgesängen ging die Zeitreise über Webstuhl und Dampfmaschine, Hunger und Arbeitslosigkeit zu den Maschinenstürmern in England, der sogenannten Ludditenbewegung. Passend dazu – wenn auch aus ganz anderer Zeit: „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ von Ton Steine Scherben. Dann das neunzehnte Jahrhundert mit Persönlichkeiten wie Hoffmann von Fallersleben, dessen Worte „Nie kämpft es sich schlecht für Freiheit und Recht“ zum Leitspruch des Rudolstadt-Programmspecials 2018 wurden. Der ebenso bekannte Georg Herwegh schrieb noch heute populäre Zeilen: „Mann der Arbeit aufgewacht! / Und erkenne deine Macht! / Alle Räder stehen still, / Wenn dein starker Arm es will.“ Man ging auf die Biografien von Ferdinand Lassalle und Max Hoelz ein sowie auf Karl Marx (siehe auch Titelstory dieser Ausgabe ab Seite 24), dessen zweihundertster Geburtstag kürzlich gefeiert wurde. Dazu erklangen Proletariersongs, die wohl jeder kennt, wie „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“ und „Wann wir schreiten Seitʼ an Seitʼ“, aber auch das Lied vom kleinen Trompeter und „Glück auf, der Steiger kommt“. Dabei überzeugten Jürgen B. Wolff an Konzertina und Waldzither und Jens-Paul Wollenberg als Sänger. Mehrere Liedtexte wurden auf einer Leinwand eingeblendet und das Publikum sang vorbildlich mit. Dazu gab es historische Fotos und Dokumente zu sehen oder auch Filmausschnitte wie etwa Charlie Chaplin am Fließband in Moderne Zeiten. Im letzten Teil spielten Arbeiterlieder von Bertolt Brecht und Hanns Eisler die Hauptrolle: das Solidaritätslied und besonders das Einheitsfrontlied, unterstützt von ersten Grammofonaufnahmen Ernst Buschs.
Das Großartige an diesem Programm: seine durchgehend lockere, witzige Art. Das war bei den Namen Beckert und Wolff aber auch zu erwarten. Für Lacher sorgte zudem das mehrmalige Erscheinen des Roboters Rudi, der auf die Probleme der Zukunft hinweisen sollte, wenn wieder Arbeitsplätze durch digitale Technik ersetzt werden sollen. Mit stehenden Ovationen wurden alle Mitwirkenden am Schluss zu Recht gefeiert.

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