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»Wahlen sind nicht dafür da, dir ein tolles Erlebnis zu bieten.«
Ani DiFranco * Foto: Matthias Kimpel

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Aktuelles Album:

Binary
(Righteous Babe Records/Aveline Records/Edel/Kontor New Media, 2017)


Cover Binary


Kampf gegen das Patriarchat

Ani DiFranco

Unbeirrbar unabhängig und politisch

Vancouver Folk Music Festival im Sommer 1992. Ani DiFranco war gerade einmal 21 und hatte kurz zuvor ihr drittes Album Imperfectly auf ihrem eigenen Label Righteous Babe Records veröffentlicht, das sie 1990 gegründet hatte. Im Gespräch zeigte sich die junge Musikerin schon damals als Aktivistin und politisch bewusste Geschäftsfrau. Sechs Jahre später zierte DiFranco das Titelbild der ersten Folker-Ausgabe 1998. Mit „Die Zukunft der Folkmusik?“ war die Titelgeschichte überschrieben. „Folk ist bedeutungsvoll, nicht marktgerecht“, sagte sie damals. Heute, zwanzig Jahre und rund dreißig Alben später, fordert sie mit Blick unter anderem auf viele Hip-Hop-Künstler, „unsere Vorstellung von dem zu erweitern, woher die Protestkunst kommt“. Diese Offenheit zeigt sich auch bei den Künstlern, die auf Righteous Babe veröffentlicht haben, darunter musikalisch so unterschiedliche Namen wie Anaïs Mitchell, Andrew Bird, Arto Lindsay, Toshi Reagon und Utah Phillips. DiFranco selbst ist in all dieser Zeit unbeirrbar unabhängig und politisch geblieben und steht für herausragende musikalische und textliche Qualität. Davon konnten sich im vergangenen Jahr sowohl die Besucher des Rudolstadt-Festivals als auch die Teilnehmer der Konferenz der Folk Alliance International in Kansas City überzeugen.

Text: Michael Kleff

„Scheiß auf die Bildschirme und die sozialen Medien. Aktionen, bei denen wir uns treffen, miteinander reden und uns gegenseitig nahe sind – das ist es, was uns durch diese Zeit bringen wird.“ Ani DiFranco fand im vergangenen Frühjahr deutliche Worte, um die Folk Alliance in Kansas City wissen zu lassen, wie frau angesichts der dunklen politischen Zeiten in den USA überleben kann. Und sie hatte auch einen Rat parat, wie ihrer Ansicht nach mit der Faktenverdreherei von Trump, seinem rüden Stil, seiner Menschenverachtung umgegangen werden sollte. Dazu hob sie in ihrer Rede hervor, wie wichtig Wahlen seien. Bei denen sollte es allerdings nicht um die Interessen Einzelner gehen, sondern um das größere Ganze. Sie sprach sich gegen die Ich-Bezogenheit der jetzigen Generation aus und forderte dazu auf, unnachgiebig zu sein, wenn es ums Wählen geht. Im Gespräch fügte sie hinzu, dass jeder die Telefonnummern seiner Abgeordneten und Senatoren haben sollte, um ihnen zu sagen, was man von ihrer Politik und ihrem Abstimmungsverhalten halte, und rief dazu auf, „mit deinem Geld und deiner Zeit Organisationen und Medien zu helfen, die sich für die Wahrheit und für Gerechtigkeit einsetzen. Mit anderen Worten, es geht darum, Aktivisten an der Front zu unterstützen.“
Wie verträgt sich das damit, dass DiFranco bei der Präsidentschaftswahl noch Hillary Clinton unterstützte, mit der nun wahrlich kein Politikwechsel der Demokraten zu erwarten ist. „Lass dir eins gesagt sein“, versichert die Musikerin voller Optimismus. „Farbige und feministische Kandidaten werden die Demokraten von innen umkrempeln. Dann könnten sie vielleicht wieder zu einer Partei werden, die für die Menschen den Kampf mit der Großindustrie aufnimmt.“ Den Vorwurf, kritiklose Unterstützerin von Hillary Clinton zu sein, weist DiFranco von sich. Sie habe gewollt, dass die Leute wählen gehen, auch wenn sie nur die Wahl für das kleinere von zwei Übeln gehabt hätten. „Das Einzige, was ich spannend an ihr fand, ist die Tatsache, dass sie eine Frau ist. Mit meiner Stimme wollte ich fortschrittlichen Wählern vor Augen führen, welche Bedeutung es für die USA haben könnte, zum ersten Mal eine weibliche Präsidentin zu bekommen. Wahlen sind nicht dafür da, dir ein tolles Erlebnis zu bieten.“ Für die Aktivistin sind Abstimmungen vielmehr eine Art Wartung von Gesellschaft und Land. „Um über schmerzliche Enttäuschungen nach Wahlen hinwegzukommen, sollten wir öfter und in immer größerer Zahl unsere Stimme abgeben. Es ist erwiesen, dass die Wählerschaft weiter nach links rückt, je mehr Menschen zur Wahl gehen.
Progressivere Wähler stimmen für progressivere Kandidaten. Das schafft veränderte Rahmenbedingungen und führt auf den Boden der Vernunft zurück. So kriegt man das hin. Und nicht mit Teilnahmslosigkeit und Untätigkeit.“

... mehr im Heft.